Die Zerstörung der CDU – Performanz

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Im folgenden Artikel wird Rezos Performanz in seinem YouTube-Video "Die Zerstörung der CDU." untersucht. Wie auch in dem Artikel zu den Einblendungen in diesem Video besteht das Ziel der Analyse darin, genauer zu verstehen, wie einer der meistrezipierten Beiträge zur Klimadebatte in Deutschland gemacht ist.

Performanz

Der linguistische Terminus "Performanz" wurde von John L. Austin in den 1960er Jahren geprägt und bezieht sich auf die Realisierung sogenannter Sprechakte.[1] Für die vorliegende Analyse wurde aber auf ein weitere Verständnis von Performanz zurückgegriffen, das stärker an den Begriff der künstlerischen Performance orientiert ist.[2] Dadurch geraten nicht nur Rezos sprachliche Äußerungen als Handlungen in den Blick, sondern etwa auch die nonverbalen und paraverbalen Handlungen sowie Elemente der Postproduktion des Videos.

Vorgehensweise

Die Analyse der Performanz erfolgte phänomenorientiert und induktiv. Dabei wurde kein in der Fachliteratur formuliertes Analyseraster angewendet, sondern auf der Basis wiederholter Rezeption Auffälligkeiten herausgearbeitet und als Merkmale von Rezos Performanz näher bestimmt. Dies orientierte sich an dem folgenden Dreischritt:

  1. Deskriptive Beschreibung: Das Merkmal wird in dem Moment, in dem es Auftritt, wertfrei betrachtet und genau beschrieben. Die Fragestellung, die wir uns dabei gestellt haben, lautet: Was genau ist in dem Moment zusehen? Was ist in dem Moment zu hören?
  2. Betrachtung des Kontextes: Das Merkmal wird nun genauer betrachtet und in seinem Video-Kontext verortet. Dazu wird die Sequenz, bevor und nachdem das Merkmal auftritt, berücksichtigt, beschrieben und genauer analysiert. Die Fragestellung, die wir uns dabei gestellt haben, lautet: Was passiert vor und nach dem Auftauchen des Merkmals?
  3. Funktion: Im letzten Schritt wird danach geschaut, welche Funktion dieses Merkmal in dem YouTube-Video hat. Die Fragestellung, die wir uns dabei gestellt haben, lautet: Wieso und wozu setzt Rezo genau diese sprachliche/paraverbale/nonverbale Handlung oder genau dieses gestalterische Mittel (des Öfteren) ein?

Elemente der Performanz

Rezo. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Andreas Chudowski.)

Im Folgenden findet sich eine Übersicht über auffällige sprachliche Handlungsweisen Rezos (Sidekick & Imitation) und Merkmale der Postproduktion des Videos (Übergänge & Videos), die insgesamt der Performanz zugerechnet werden können. Die Darstellung ist dabei ausschnitthaft und umfasst nicht alle Elemente, die der Performanz zugerechnet werden können. Die folgenden vier Merkmale werden nicht nur in den drei Schritten beschrieben, sondern auch mit einem konkreten Beispiel aus Rezos Video belegt.

Sidekick

In der Literatur, aber auch in Film und Kunst wird eine Nebenrolle als "Sidekick" bezeichnet.[3] Dieser Sidekick begleitet den Hauptakteur bei seiner Erzählung. Ein Beispiel findet sich an der hier verlinkten Stelle des Videos.

  • Deskription: In Rezos YouTube-Video ist an mehreren Stellen ersichtlich, dass er sich entweder selbst eine (ironische) Frage stellt und von einer imaginären Person eine Antwort erhält oder ihn die imaginäre Person unterbricht und direkt des Besseren belehrt.
  • Kontext: Im Vorfeld erklärt Rezo jeweils ein bestimmtes politisches oder naturwissenschaftliches Problem und stellt sich anschließend die Frage, wie die Politik logischerweise auf solche Probleme reagieren müsste. Die Herangehensweisen der Politiker*innen werden von Rezo kritisiert, nachdem ihn der imaginäre Redner des Besseren belehrt hat.
  • Funktion: Der imaginäre Sidekick ermöglicht es Rezo, Perspektivwechsel zu realisieren, subjektiv seine eigenen Gedanken zu äußern und liefert ihm zudem die Vorlage für Pointen und andere humoristische Elemente.

Imitation

Die Imitation entstammt ursprünglich aus dem Begriff "Mimikry" und beschreibt das visuelle und/oder auditive Nachahmen. Beispiele finden sich an den hier und hier verlinkten Stellen des Videos.

  • Deskription: Bei der Imitation erhöht Rezo seine Stimmlage und verändert seine Mimik und Gestik.
  • Kontext: Im Vorfeld erzählt Rezo etwas zu einem bestimmten Thema und fügt daraufhin die Imitation ein. Im Nachhinein beginnt er ein neues Thema oder fasst das vorherige Thema in seiner Relevanz noch einmal zusammen.
  • Funktion: Durch die Imitation und die damit verbundene Variation seiner Stimmlage schafft Rezo Abwechslung und erzeugt Aufmerksamkeit bei den Rezipierenden. Die Imitation ermöglicht es ihm, fremde Meinungen wiederzugeben, sich aber performativ klar davon zu distanzieren oder sogar lustig zu machen. Wie der Sidekick hat auch die Imitation somit z.T. eine unterhaltende und humoristische Funktion.

Übergänge

Mit Übergängen werden im Bereich von Videos solche Sequenzen verstanden, die zwischen verschiedenen Aufnahmen eingesetzt sind. Sie sind dazu da, verschiedene Einstellungen, Aufnahmen, Clips miteinander zu verknüpfen, ohne das harte Brüche entstehen, welche die Rezeption stören. Die Übergänge können auffällig sein oder auch weniger effektvoll. Professionelle Videoübergänge sollen in der Regel unauffällig sein und im besten Fall nicht einmal von Rezipient*innen bemerkt werden. Dazu stehen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung: gerade Schnitte (Straight Cuts), Blenden (Fades), Überblendungen (Cross-fades) etc. Beispiele finden sich an den hier und hier verlinkten Stellen des Videos. Auf diese Übergänge wird auch im Artikel zu Einblendungen eingegangen.

  • Deskription: Rezo verwendet verschiedene Übergänge. Während manche eher versteckt sind, sind anderen äußerst auffällig. Die Auffälligen stellen visuell eine Kombination aus Video, schriftlichem Titel und Untertitel dar und sind mit einer spezifischen Musik unterlegt.
  • Kontext: Diese auffälligen Übergänge sind dadurch charakterisiert, dass Rezo im Voraus ein neues Thema einleitet, das er anschließend auffällig gestalteten Übergang unübersehbar präsentiert.
  • Funktion: Die auffälligen Übergänge strukturieren das Video für die Rezipierenden, indem sie es in verschiedene inhaltliche Abschnitte unterteilen. Durch die schriftliche Einblendung der Themenüberschriften (z.T. als Fragen) werden Rezos mündliche Äußerungen ergänzt und die Gliederung visuell hervorgehoben. Es handelt sich daher um eine Form der Rezipierendenorientierung. Darüber hinaus erzeugen die Überschriften und die Art, wie sie eingeblendet werden, Spannung und fördern die Aufmerksamkeit der Zuschauer*innen.

Einsatz zusätzlicher Videos

„Die Zerstörung der CDU.“ ist visuell und auditiv maßgeblich durch Rezo geprägt. Ergänzt wird dies allerdings um zahlreiche Videoclips, die in der Postproduktion in das Video eingefügt wurden. Sie zeigen in der Regel Politiker*innen oder Wissenschaftler*innen in Interviewsituationen oder während Pressekonferenzen. Beispiele finden sich an den hier und hier verlinkten Stellen des Videos. Auf diese eingefügten Videos wird auch im Beitrag zu Einblendungen eingegangen.

  • Deskription: Rezo äußert seine Meinung und blendet dann ein zusätzliches Video ein mit entsprechend unterlegter Quelle.
  • Kontext: Nachdem er seine Meinung geäußert hat, nimmt er ein geeignetes Video, indem entweder eine Person seiner Meinung zustimmt und diese Äußerung wiederholt (meist Wissenschaftler*innen) oder er nimmt ein geeignetes Video, indem eine gegensätzliche Meinung aufgezeigt wird (meist Politiker*innen).
  • Funktion: Die eingeblendeten Videos schaffen Abwechslung von Rezos monologischen Sprechen und der auf ihn gerichteten Kamera, und ermöglichen Perspektivwechsel. Rezo blendet sie so ein, dass seine eigene Meinung untermauern und Äußerungen durch Expert*innen belegen. Er positioniert sich damit auf der Seite der Wissenschaft und stellt Politiker*innen und ihr Handeln als inkompetent und sogar als lächerlich dar.

Fazit

Der ausschnitthafte Überblick über die Elemente der Performanz in Rezos „Die Zerstörung der CDU.“ samt einer Analyse einer Analyse der Funktionen, die sie erfüllen, verschafft einen Eindruck über die aufwändige Produktion und die Komplexität dieses Beitrags zur Klimadebatte. Die Performanz trägt z.T. zur inhaltlichen Strukturierung des Videos bei und unterstützt somit die Rezeption. Bereits in dieser vierteiligen Darstellung wird aber auch deutlich, dass das Video keine neutrale, sachliche Auseinandersetzung mit politischen und wissenschaftlichen Positionen und Argumenten darstellt. So finden sich darin performative Gestaltungsmittel aus den Bereichen Unterhaltung und Comedy wieder und durch die Performanz werden deutlich erkennbar bessere (=wissenschaftlich fundierte) und schlechtere (=politisch motivierte) Positionen voneinander unterschieden. Dies mag ein Hinweis darauf darstellen, warum „Die Zerstörung der CDU.“ vor allem von parteipolitischen Akteur*innen kontrovers und kritisch diskutiert wurde.

Belege

  1. Vgl. Wirth, Uwe (2002): Der Performanzbegriff im Spannungsfeld von Illokution, Iteration und Indexikalität. In: Wirth, Uwe (Hrsg.): Performanz. Zwischen Sprachwissenschaft und Kulturwissenschaften, Frankfurt/Main: Suhrkamp, S. 9–60.
  2. Vgl. Schuegraf, Martina (2008): Medienkonvergenz und Subjektbildung. Mediale Interaktionen am Beispiel von Musikfernsehen und Internet. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 68–108.
  3. Vgl. Wortwuchs (o. J.): Sidekick. Online, zuletzt abgerufen am 24.02.2021.

Autor*innen

Die Erstfassung dieses Artikels wurde in der Pilotierungsphase des Living Handbooks (2020) in einer anderen digitalen Umgebung erstellt. Die Versionsgeschichte gibt daher nicht die gesamte Entstehung des Artikels wieder und listet auch nicht alle beteiligten Autor*innen als User*innen.

Zitiervorlage: Die Zerstörung der CDU – Performanz (2020). In: Böhm, Felix; Böhnert, Martin; Reszke, Paul (Hrsg.): Climate Thinking – Ein Living Handbook. Kassel: Universität Kassel. URL=https://wiki.climate-thinking.de/index.php?title=Die Zerstörung der CDU – Performanz, zuletzt abgerufen am 29.03.2024.