Benutzer: Martin Böhnert/Werkstatt

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Aspekte der Wissensreflexion

Tatsachen

Für „Wissensgesellschaften“ [1] scheint es wie selbstverständlich, sich auf (wissenschaftliche) Tatsachen zu berufen. Doch bereits die Frage danach, was von wem und in welchen Kontexten als Tatsache anerkannt wird, eröffnet den Blick auf den Tatsachenbegriff selbst. Hier lassen sich etwa ein vorreflexiver Begriff aus der Alltagssprache, ein wissenschaftshistorischer Begriff der Wissenschaftsgeschichte, ein wissenssoziologischer Begriff aus der Wissenschaftsforschung und ein sozialontologischer Begriff aus der Sprachphilosophie unterscheiden.

Objektivität

Ähnlich selbstverständlich wie die Bezugnahme auf Fakten erscheint die Forderung nach Objektivität. Doch auch dieser Begriff ist bei genauerer Betrachtung weniger eindeutig, als unsere alltägliche Bezugnahm suggeriert. So zeigt Lorraine Daston in ihrer wissenschaftshistorischen Arbeit, dass bei der Bezugnahme auf Objektivität oft ganz verschiedene Bereiche miteinander vermengt werden: „Mühelos gleiten wir von Aussagen über die ‚objektive Wahrheit‘ einer wissenschaftlichen Behauptung hinüber zu solchen über die ‚objektiven Verfahren‘, die einen Befunde untermauern, und weiter zu solchen über die ‚objektive Haltung‘, die einen Forscher auszeichnet.“[2] Zudem zeige die historische Entwicklung des Objektivitätsbegriffs, dass – banal ausgedrückt – Objektivität nicht objektiv ist.

Tugenden der Wissensproduktion und -rezeption

„Solange Erkenntnis einen Erkennenden postuliert und solange der Erkennende als potentielle Hilfe oder Hürde für die Erwerbung von Erkenntnis gilt, wird sein Selbst ein erkenntnistheoretisches Thema sein.“ [3] Mit dieser Überlegung gelangt das erkennende Subjekt in den Blick. Damit es der Erkenntnis nicht als Hürde im Weg steht, lassen sich spezifische normative Tugenden formulieren, auf die sich das erkennende Subjekt bei seiner oder ihrer Tätigkeit berufen soll: Dies sind einerseits charakterbezogene Tugenden wie Geduld, Aufmerksamkeit, Genauigkeit, Beharrlichkeit oder Strenge, aber auch verfahrensbezogene Tugenden wie Objektivität, Exaktheit, Einfachheit, Konsistenz und Akkuratheit, die ihrerseits Einfluss auf das Auskommen des Erkenntnisprozesses haben. Die Philosophin Helen Longino stellt mit Blick auf epistemische Tugenden heraus, dass es sich bei der Einnahme dieser um Entscheidungen des erkennenden Subjekts handelt und dass zwar ein traditionsbedingter, jedoch kein unumstößlicher Kanon bestehe. Daraus folgert sie, dass der Kanon durchaus zur Disposition steht und entsprechend erweitert oder verändert werden könne und schlägt Tugenden wie Heterogenität, methodische Neuartigkeit, die Berücksichtigung der Komplexität von Zusammenhängen oder die Dezentralisierung von Machtverhältnissen als Tugenden vor.[4] Der Philosoph Don Fallis stellt zudem heraus, dass sich Tugenden nicht nur in der Wissensproduktion reflektieren lassen, sondern auch die erkenntnistheoretischen Tugenden der Rezipierenden von Wissen reflektieren lassen.


Personen Artikel

Bruno Latour

Paul Reszke (* 1983) ist ein an der Universität Kassel lehrender und forschender Sprachwissenschaftler sowie Teil des Herausgeber*innenteams des Living Handbooks. Reszke forscht aus einer konstruktivistischen und pragmasemiotischen Perspektive zur Entstehung von Wissen in der Gesellschaft, u. a. durch journalistische Berichterstattung, (Populär-)Wissenschaft[1] sowie Populärkultur[2][3]. Von ihm untersuchte Themenfelder sind u. a. der Diskurs über Schulamokläufe[4], der Themenkomplex Klimawandel sowie die Wissensdomäne Kunst/Kunstkommunikation[5] (mit verstärktem Fokus auf die Kasseler Kunstgroßausstellungsreihe documenta).

Lorraine Daston

Paul Reszke (* 1983) ist ein an der Universität Kassel lehrender und forschender Sprachwissenschaftler sowie Teil des Herausgeber*innenteams des Living Handbooks. Reszke forscht aus einer konstruktivistischen und pragmasemiotischen Perspektive zur Entstehung von Wissen in der Gesellschaft, u. a. durch journalistische Berichterstattung, (Populär-)Wissenschaft[1] sowie Populärkultur[2][3]. Von ihm untersuchte Themenfelder sind u. a. der Diskurs über Schulamokläufe[4], der Themenkomplex Klimawandel sowie die Wissensdomäne Kunst/Kunstkommunikation[5] (mit verstärktem Fokus auf die Kasseler Kunstgroßausstellungsreihe documenta).

Rosi Braidotti

Paul Reszke (* 1983) ist ein an der Universität Kassel lehrender und forschender Sprachwissenschaftler sowie Teil des Herausgeber*innenteams des Living Handbooks. Reszke forscht aus einer konstruktivistischen und pragmasemiotischen Perspektive zur Entstehung von Wissen in der Gesellschaft, u. a. durch journalistische Berichterstattung, (Populär-)Wissenschaft[1] sowie Populärkultur[2][3]. Von ihm untersuchte Themenfelder sind u. a. der Diskurs über Schulamokläufe[4], der Themenkomplex Klimawandel sowie die Wissensdomäne Kunst/Kunstkommunikation[5] (mit verstärktem Fokus auf die Kasseler Kunstgroßausstellungsreihe documenta). Interview

  1. Siehe etwa Willke, Helmut (1997): Supervision des Staates. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
  2. Daston, Lorraine (2001): Objektivität und die Flucht aus der Perspektive. In: Daston, Lorraine (Hrsg.): Wunder, Beweise und Tatsachen, Frankfurt: Fischer, S. 127-156, hier S. 127.
  3. Daston, Lorraine; Galison, Peter (2007): Objektivität. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 43.
  4. Vgl. Longino, Helen (1994): In Search of Feminist Epistemology. In: The Monist 77(4), S. 472-485, hier S. 476.