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Das Verhältnis von Mensch und Eisbär in der dokumentarischen Filmdarstellung

Belege


Die Darstellung der gegenseitigen Bedrohung von Eisbär und Mensch im Dokumentarfilm

Im Zentrum dieses Artikels steht die Darstellung der gegenseitigen Bedrohung von Eisbär und Mensch im Dokumentarfilm. Hierzu werden exemplarisch Szenen aus den Dokumentarfilmen "Eisbär in Not"[1] und "Der Eisbär" [2] analysiert und daran herausgearbeitet, inwiefern der Eisbär als Bedrohung für den Menschen und der Mensch als Bedrohung für den Eisbären dargestellt wird.

Dieser Artikel ist Teil einer Artikelsammlung.


Methodisches Vorgehen

Zur Vorbereitung der Analysen wurden die Dokumentarfilme "Eisbär in Not" (2014) [3] und "Der Eisbär" (2012) [4] mehrmals vollständig gesehen und auf mögliche Analyseaspekte hin untersucht. Im Anschluss wurden prägnanten Sequenzen, bezogen auf den ausgewählten Analysegegenstand, identifiziert, sodass eine multimodale Transkription der Sequenzen durchgeführt werden konnte. Diese Transkriptionen berücksichtigen die zeitliche Gliederung der Sequenzen, visuelle Aspekte (Stills, Bildbeschreibung des Gezeigten), sprachliche Aspekte (Text im Bild, Sprechtext), Musik, Geräusche, visuelle Auffälligkeiten sowie Analysekommentare.

Die Analyse erfolgt auf Basis dieser multimodalen Transkription der unterschiedlichen Sequenzen. Sie folgt der Leitfrage, wie die beiden Dokumentarfilme das Verhältnis von Mensch und Eisbär als gegenseitige Bedrohung inszenieren.


Eisbär in Not? (2014)-Die Bedrohung des Menschen durch den Eisbären

Der DokumentarfilmEisbär in Not[5] behandelt in verschiedenen Sequenzen, das Verhältnis von Mensch und Eisbär und stellt dabei die Bedrohung des Menschen durch den Eisbären in den Mittelpunkt. Dies soll im Folgenden an fünf Sequenzen verdeutlicht werden. Die Szene 1 (07:55-08:05) zeigt die Methode, welche die Einwohner und Einwohnerinnern nutzen, um sich und die Hunde vor den Bären zu schützen. Darauf aufbauend wird die Erfahrung eines Inuit mit einbezogen, welcher in der Szene 2 (08:06-08:52) seine Erlebnisse ausführlich schildert. Hierbei werden seine Existenzgrundlage und seine Befürchtungen deutlich. Die Sicht der Inuit wird auch in der Sequenz 3 (11:56-12:08) fokussiert. Hier geht der zuvor vorgestellte Inuit auf die Eisbärenjagd. Dass der Eisbär eine Bedrohung des Menschen darstellt, soll auch im Zusammenhang mit der Erforschung des Tieres erläutert werden. Dies veranschaulicht Szene 4 (38:00 bis 38:58). Zuletzt wird die Sequenz 5 (46:37-47:35) im Hinblick auf die Leitthese analysiert. Diese zeigt das Eindringen des Eisbären in die arktischen Dörfer. Die multimodale Transkription, welche die Basis für die die folgende Sequenzanalyse bildet, kann hier heruntergeladen werden.

Analyse der Sequenzen 07:55 – 08:05 sowie 08:06 – 08:52

Der Eisbär ist als Symbol der Gefahr nicht in jeder Sequenz zu sehen, obwohl er als Bedrohung im Fokus steht. Dies trifft beispielsweise auf die erste ausgewählte Szene zu. Zu sehen ist stattdessen ein Elektrozaun (07:55 – 08:05). Durch die Darstellung des weißen Zaunes auf weißem Hintergrund, in welchem die angeketteten Huskies des Inuit schemenhaft zu erkennen sind, wirkt er unscheinbar und wie ein Teil einer friedlichen Szenerie. Die unruhige und treibende Musik erzeugt jedoch den Eindruck einer andauernden Bedrohung. Ergänzt wird dieser Eindruck durch die Stimme aus dem Off, welche den Sinn des Zaunes, den Schutz vor der anhaltenden Bedrohung durch die Eisbären, verdeutlicht. Die Verbindung von Bild und Ton lässt die Rezipierenden somit Eisbären als Bedrohung der Menschen wahrnehmen, was besonders durch die auditiven Modes [6] verursacht wird.

Bereits in der nachfolgenden Sequenz (08:06-08:52) wird die Zweckhaftigkeit des Zaunes erneut aufgegriffen, indem ein Inuit beim Füttern seiner Hunde gezeigt wird. Er hackt rohes gefrorenes Robbenfleisch mit einer Axt. Zur gleichen Zeit erläutert er, dass sich immer mehr Eisbären in den Ort verirren und wiederholt seine Hunde angreifen. Unter ausschließlichem Einbezug der visuellen Aspekte, wirken die Handlungen des Inuit kalt, brutal und gewalttätig. Besonders die Verwendung der Axt im Zusammenhang mit der roten Farbe des Fleisches lässt den Inuit als Bedrohung erscheinen. Erst durch die Erklärung des Inuit, wird die Aufmerksamkeit von seiner Futterzubereitung auf die Angriffe der Eisbären gelenkt. So verbinden sich die kalten und brutalen Bilder, die den Inuit ins Zentrum stellen, mit den Angriffen der Bären, welche in diesem Fall nicht im Bild sind. Ergänzend kommen die Geräusche der Axt, welche die visuelle Darstellung der Gewalt unterstützen, sowie eine spannungsaufbauende Musik hinzu. Bild und Ton stellen somit erneut die Eisbären als Bedrohung dar. Untermauert wird dieser Eindruck, indem während der Erklärung des Inuit die Huskies jaulend Alarm schlagen. Dies schafft eine unruhige bedrohliche Atmosphäre, ausgelöst durch akustische Reize. So werden auch hier die Eisbären in ihrer Abwesenheit als ständige Bedrohung des Menschen betrachtet. Dies wird insbesondere in der Kombination verschiedener Modes [7] deutlich.


Analyse der Sequenz 11:56 – 12:08

In dieser Sequenz steht ein Jäger der Inuit im Fokus. Auf einem Stein sitzend, lädt er eine Schusswaffe, welche auf die Zuschauer bedrohlich wirkt. Sie lässt sich als Symbol der Gewalt und Brutalität deuten und der Off-Sprecher stellt klar, dass der Inuit sich auf Eisbärenjagd begibt. Ergänzend werden kurze Bildsequenzen weglaufender Eisbären eingeblendet (11:56 – 12:08), was Hektik erzeugt und das Gefühl von Angst vermittelt. Besonders emotionalisierend wirkt diese Sequenz, da es sich um eine Eisbärenmutter und ihr Junges handelt. Durch die ausschließliche Betrachtung der bildlichen Darstellung wirken die Eisbären bedroht und gefährdet, da der Inuit als Jäger der Bären die Bedrohung darstellt. So wird durch die visuelle Analyse der Sequenz der Mensch als Bedrohung des Eisbären wahrgenommen. Der Off-Kommentar weist jedoch in eine entgegengesetzte Richtung. Er weist auf das besondere Risiko hin, welches der Inuit mit seiner Handlung eingeht. Der eigentliche Jäger wird durch das Sprichwort „Vom Jäger zum Gejagten werden“ selbst als bedroht dargestellt und die Bedrohung geht laut dem Off-Kommentar von den eigentlich davonlaufenden Eisbären aus. Es ist also eine Bild-Text-Schere deutlich zu erkennen. Unterstützt wird die Deutung des gefährlichen Eisbären oder des gefährlichen Jägers durch eine begleitende Musik, die ein Unbehagen auslöst und bedrohlich wirkt.


Analyse der Sequenz 38:00 – 38:58

In dieser Sequenz untersucht ein Forscherteam das Eis. Dabei werden in einem Interview mit einem Wissenschaftler die Ziele und Funktionen der Forschungsmission erläutert. Hierbei wird erklärt, warum eine Person des Teams als Wachposten abgestellt werden muss. Diese trägt eine Warnweste und sticht deshalb optisch deutlich aus der weißen Umgebung heraus, obwohl sie weit entfernt mit einem großen Abstand zum Schiff positioniert ist. Die Kamera zoomt an diese Wache heran, sodass auf dem Boden neben der Person eine Waffe erkennbar wird. Zudem besitzt die Person ein Fernglas und eine Schreckschusspistole. Auch hier ist somit die Waffe als Symbol der Bedrohung erkennbar und weckt den Eindruck von Gefahr. Der Forscher auf dem Wachposten wirkt in der weißen Umgebung verloren und ist, ohne den Kontext des Off-Sprechers, scheinbar grundlos bewaffnet. Optisch wirkt diese Szene wie ein Eingriff des Menschen in die Natur. Durch die Warnweste sticht der Forscher hervor und wirkt fehl am Platz.

Erst durch den Einbezug des Forscherinterviews wird klar, dass von den Eisbären eine Bedrohung ausgeht. Die Rezipierenden erfahren, dass der Forscher eine Eisbärenwache darstellt. Sie dient dem Schutz der Menschen und stellt somit laut Forscher keine Bedrohung der Eisbären dar. Dies unterstreicht das Bild des bedrohlichen Eisbären und des gefährdeten Menschen. Die unruhige, fordernde und zugleich spannungsaufbauende Musik erweckt ein Gefühl der ständigen Bedrohung und lässt die Eisbärenwache inszenatorisch in unmittelbarer Gefahr schweben. Dies führt unweigerlich zu einem Unbehagen auf Seiten der Rezipierenden. Werden Bild und Ton aufeinander bezogen, so wird aber erneut deutlich, dass das Bild alleine den Eisbären nicht als bedrohlich darstellt. Stattdessen wird rein visuell der Mensch beim Eindringen in die Natur gezeigt. Erst durch den Einbezug des Tons wird ein Gefühl der Gefährdung des Menschen erzeugt und der Eisbär unter diesem Aspekt als bedrohlich betitelt.


Analyse der Sequenz 46:37 – 47:35

Diese Szene, zeigt Eisbären, die in die Dörfer der Menschen eindringen. Sie laufen an den Häusern vorbei, zerstören Autos und begeben sich in die unmittelbare Nähe der Bewohner und Bewohnerinnen. Hierbei wird auf die Aufnahmen von Amateurvideo ebenso zurückgegriffen, wie auf die professionellen Aufnahmen des Filmteams. Der Eisbär dringt hier deutlich in die Lebenswelt des Menschen ein. Besonders der Kontrast der farbigen bunten Häuser zu dem weißen Fell des Eisbären, lässt ihn fehl am Platz wirken. Wird auch der Ton mit einbezogen, so wird dieser Eindruck des Eindringens verstärkt (vgl. Sequenzanalyse). Insbesondere der Off-Sprecher untermauert, dass der Eisbär eine Gefährdung des Menschen darstellt. Eisbären werden als „geschickte und allesfressende Raubtiere“ bezeichnet, welche auch „einen Menschen töten und fressen“ würden. Belegt werden diese Aussagen mit Ereignissen aus drei verschiedenen Jahren, welche in der Region Kanadas gelistet wurden und Angriffe von Eisbären auf Menschen belegen. Der Mode Musik welche als eine dramatische, traurige und tragische Filmmusik wahrgenommen wird, lässt den Menschen umso bedrohter wirken.

Diese Sequenz beinhaltet somit keinen Kontrast zwischen Bild und Ton. Hingegen unterstützt der Ton das Gezeigte und verstärkt den Effekt der Bedrohung des Menschen durch den Eisbären.

Fazit der Analyse "Eisbär in Not?" (2014)

Der Dokumentarfilm „Der Eisbär in Not[8] stellt den Eisbären zusammenfassend als Bedrohung des Menschen dar. Die Bären greifen die Hunde der Inuit an, dringen in die Dörfer ein, plündern Müllhalden und selbst wenn sie gejagt werden, bedrohen sie die Jäger. Die visuellen Darstellungen alleine stellen den Bären hingegen selten als bedrohlich dar. Hingegen wird durch die alleinige Betrachtung sogar der Eisbär als bedroht dargestellt. Erst der Einbezug des Tons führt zu einer brutalen und gewalttätigen Darstellung des Eisbären, der den Menschen und seine Lebenswelt bedroht.


Der Eisbär (2012) - Das Eindringen des Menschen in die Lebenswelt der Eisbären

Im Gegensatz dazu soll der Eingriff des Menschen in die Lebenswelt des Eisbären anhand des Dokumentarfilmes „Der Eisbär"[9] analysiert werden (vgl. Sequenzanalyse). Um die gewählte Perspektive zu verdeutlichen, wurde eine prägnante Sequenz ausgesucht. Die Sequenz 42:35 bis 46:41 wurde ich unterschiedliche thematische Abschnitte untergliedert. Besonders deutlich wird in der ausgewählten Sequenz, auf welcher Art und Weise der Mensch sich in die Lebenswelt des Eisbären begibt und den Bären beeinflusst.

Analyse der Sequenz 42:35 - 42:42

Zu Beginn der gewählten Sequenz wird der Eisbär auf seiner Route gezeigt, die er Jahr für Jahr absolviert (42:35-42:42). Es liegt wenig Schnee, sodass der weiße Bär nicht ganz in der Natur verschwindet. Besonders der Sprechertext aus dem Off stellt die gezeigten Bilder dramatisch dar. „Er hat nach Futter gesucht, nach Zuflucht, nach Gesellschaft – vergeblich“. Anhand dieses Textes wird Mitleid für den Bären erregt, was auf eine Emotionalisierung der Situation hindeutet[10]. Im Kontrast zu diesem Kommentar, der auf den menschengemachten Klimawandel hindeutet, steht die Musik. Leise Trommeln begleiten das Gezeigte und Gehörte auf eine hinnehmende Art, welche nicht negativ wahrgenommen wird. So steht in dieser Szene besonders die Musik im Kontrast zum Gesagten. Werden ausschließlich die Bilder betrachtet, so wird die Notlage des Eisbären nicht sofort sichtbar. Auffällig ist der fehlende Schnee. Erst durch den Sprechertext wird die Lage des Bären deutlich, welche als aussichtslos dargestellt wird.

Analyse der Sequenz 42:43 - 43:06

Die Konfrontation von Mensch und Eisbär wird in der sich anschließenden Sequenz (42:43-43:06) eingeleitet. Aus einer Totalen [11] wird der Eisbär in einer Eislandschaft gezeigt, wobei im Hintergrund am Himmel ein Flugzeug auf den Bären zugeflogen kommt. Auffällig ist hierbei das Licht des Flugzeuges, welches unnatürlich in der Umgebung wirkt und heraussticht. Im Laufe der Sequenz wird das Flugzeug in einer Halbnahen gezeigt, im Wechsel mit einer Halbnahen des Bären[12]. Das Flugzeug fliegt nah über die Erde und wirkt in Bezug auf den Bären bedrohlich. Dieser flieht vor dem Flugzeug und läuft entlang der Handlungsachse mit dem Rücken zur Kamera davon. Die Stimme aus dem Off kommentiert, dass nun die Jahreszeit die größte Belästigung mit sich bringt. Durch eine Leerstelle wird offengelassen, was die Belästigung ausmacht. Erst in der darauffolgenden Szene wird deutlich, dass die Touristen die Belästigung verkörpern. Die Musik begleitet diese Bilder zurückhaltend. Die Geräuschkulisse wird primär durch die immer lauter werdenden Motoren des Flugzeuges bestimmt, die selbst das Brüllen des Bären übertönen. Hier kann ein Eingreifen des Menschen in die Lebenswelt des Bären beobachtet werden, welches durch den Mode des Flugzeuges verkörpert wird.

Die Sequenz verdeutlicht, wie der Mensch den Bären stört. Wird nun die gleichgültig wirkende Musik mit einbezogen, so wirkt sie fehl am Platz und mindert das Eindringen des Menschen in die Natur. Durch die Musik wird das Weglaufen des Bären verharmlost.

Analyse der Sequenz 43:07 - 43:35

Besonders prägnant wird das Eindringen des Menschen in der dritten Sequenz (43:07-43:35) deutlich. Der Bär läuft zunächst, begleitet durch die Kamerafahrt[13] parallel zur Handlungsachse. Besonders im Fokus steht hierbei der Hintergrund. Zu Beginn zeigt er reine Natur. Je weiter der Bär aber läuft, desto mehr wird das Eingreifen des Menschen in seine Lebenswelt deutlich. Zunächst stehen zwei Männer mit Gewehren im Hintergrund, die mit ihren roten Jacken hervorstechen. Läuft der Bär weiter, so steht eine Gruppe Touristen im Hintergrund. Sie fotografieren den Bären aus nächster Nähe. Auch zwischen den Touristen stehen Männer mit Waffen, um den Bären im Notfall abzuwehren. Werden ausschließlich die Darstellungen der Bilder betrachtet, so kann es eine zufällige Begegnung zwischen Mensch und Eisbär sein. Erst die Stimme aus dem Off lässt diese Begegnung geplant wirken. „Der Weg, dem er folgt, ist seit tausenden von Jahren im Instinkt der Bären verankert. Lange bevor Touristen mit Kameras kamen und der Sommer so verdammt lang wurde“ (vgl. Sequenzanalyse). In dieser Szene sticht besonders die Musik hervor. Laute Glocken, helle fröhliche Töne und eine positiv stimmende Musik lassen die Ernsthaftigkeit der Lage verschwinden. Ein besonderer Kontrast wird zu dem Gesprochenen Wort deutlich. Der „verdammt lange Sommer“ welcher für den Bären eine Umstellungen seiner Gewohnheiten mit sich bringt, wirkt durch die Wortwahl wie eine Qual auf die Rezipienten und Rezipientinnen. Gegen Ende dieser Sequenz wird die Musik spannungsaufbauend. Der Bär erscheint zunehmend als eine Bedrohung für die Touristen.

Dieser Widerspruch zwischen der Musik und dem Gesagten wird umso deutlicher. Die Touristen stehen auf der Route des Bären, welche seit vielen Jahren im Instinkt der Bären verankert ist, dennoch würden sie den Bären erschießen, wenn er sie angreift. Ohne Ton vermittelt diese Szene eine Begegnung von Mensch und Eisbär, wohingegen mit Ton ein Eindringen des Menschen in den Lebensraum des Bären deutlich wird. Relativiert werden diese Eindrücke durch die gleichgültige und im Anschluss spannungsaufbauende Musik. Besonders auffällig ist hier das Auftreten des Rythm, wobei sich Ton und Bild auf eine spezielle Art und Weise aufeinander abstimmen[14]. Passend zu den Bildern wird der Ton ergänzt und so Informationen nach und nach dem Rezipienten oder der Rezipientin mitgeteilt.

Analyse der Sequenz 43:35 - 44:10

Das Eindringen des Menschen in die Lebenswelt des Bären wird in der anschließenden Szene noch deutlicher (43:35-44:10). So wurde auf der Route des Bären ein Haus errichtet, der Menschenzoo, in welchem Menschen Eisbären beobachten können, ohne in Gefahr zu geraten. Der Bär läuft an diesem Zoo vorbei und begutachtet die Menschen. Währeddessen weist der Off-Sprecher erneut auf die Lukrativität des Eisbärengeschäftes hin. Vor allem, da die Touristensaison länger dauert, als in den Jahren zuvor. Dies kann ein Hinweis auf den menschengemachten Klimawandel sein. Die Bären sitzen aufgrund des längeren Sommers zusätzlich einen Monat dort fest. Die Wortwahl „feststecken“ (vgl. Sequenzanalyse) weist auf die Unausweichlichkeit der Situation hin, welche von den Touristen ausgenutzt wird. Implizit wird hier auf den Klimawandel hingewiesen, welcher jedoch nicht explizit genannt wird. Unterstützt wird die Beschreibung, dass der Bär neugierig ist und den Menschenzoo „besucht“, durch fröhliche Musik. Dass der Bär aufgrund des Klimawandels nicht über das Eis kann, wird somit relativiert.

Analyse der Sequenz 44:11 - 44:27

Der Bär setzt seinen Weg fort und läuft durch ein von Menschen besiedeltes Gebiet (44:11-44:27). Wird ausschließlich das Bild betrachtet, so wirkt der Bär friedlich und einsam. Erst durch die Off-Kommentare wird eine Bedrohung des Menschen durch den Bären erzeugt. Der Sprecher aus dem Off kommentiert eine Begegnung des Bären und des Menschen als „hässlich“. Was einen Angriff des Bären auf den Menschen andeutet oder einen Kampf zwischen beiden beschreibt. Begleitet wird dies durch deine spannungsaufbauende Musik und das Heulen von Hunden. Diese Szene weist somit erneut Aspekte eines Mensch-Tier-Verhältnisses auf, welches auf einer Überlegenheit des Menschen beruht und sich durch eine Einmischung des Menschen in den Lebensraum des Eisbären bezieht.

Fazit der Analyse "Der Eisbär" (2012)

Diese Dokumentation veranschaulicht das Eindringen des Menschen in den Lebensraum des Eisbären. Besonders wird durch die Sprache und die Ausdrucksweise die Situation der Eisbären verdeutlicht. Es wird dargelegt, dass der Eisbär in seiner Lebenswelt beeinflusst wird, indem seine Routinen gestört werden. Hierbei steht besonders die Musik im Kontrast zu dem Gezeigten und Gesagten. Diese wirkt im Gegensatz zu der ernsten Situation des Bären fröhlich und aufmunternd. Auf diese Weise wird das Eindringen des Menschen in die Lebenswelt des Eisbären mit seinen Konsequenzen verharmlost. Die Folgen des Klimawandels werden angedeutet und die Dokumentation lässt einen Interpretationsspielraum in Bezug auf die einzelnen Auswirkungen, indem keine konkreten Aussagen getroffen werden. Zuletzt wird der Eisbär erneut als Bedrohung des Menschen dargestellt, indem er in besiedelte Regionen eindringt und Mensch und Tier bedroht (Vgl. Sequenzanalyse). Auch wenn sich der Mensch auf die Route des Eisbären stellt, wird er als in Gefahr schwebend dargestellt.


Analyseergebnisse

Beide Dokumentationen im Vergleich, lässt sich sagen, dass der Mensch als überlegen und vom Eisbären bedroht dargestellt wird. Wird in der ersten Dokumentation eine Differenz zwischen Bild und Gesagtem deutlich, so wird in der zweiten Dokumentation ein Kontrast zwischen der Musik, dem Gesagten und dem Gezeigten hervorgehoben. Besonders das Verschweigen des Klimawandels lässt sich in beiden Filmen wiederfinden. Der letzte Film lässt viele Leerstellen und bezieht das Verharren des Eisbären auf einen langen Sommer, nennt jedoch nicht namentlich den Klimawandel. Beide Dokumentationen stellen das Mensch-Eisbär-Verhältnis auf unterschiedliche Weise dar. Während „ Eisbär in Not[15] sich in der Darstellung auf die Bedrohung des Menschen fokussiert, wird in „Der Eisbär“[16] der Eingriff des Menschen in die Lebenswelt des Eisbären thematisiert. Beide Darstellungen erfolgen auf unterschiedliche Weise und setzen unterschiedliche Kontraste.


Belege

  1. Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
  2. O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.
  3. Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
  4. O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.
  5. Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
  6. Böhm, F. (2021): Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe.. Tübingen: Stauffenburg.
  7. Böhm, F. (2021): Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe.. Tübingen: Stauffenburg.
  8. Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
  9. O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.
  10. Gerlach, N. (2009): Der Tierfilm zwischen Repräsentation und Simulation.. Marburg: Schüren Verlag.
  11. Faulstich, W. (2013): Grundkurs Filmanalyse.. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag.
  12. Faulstich, W. (2013): Grundkurs Filmanalyse.. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag.
  13. Kreutzer, O., Lauritz, S., Mehlinger, M., Moormann, P. (2014): Filmanalyse.. Wiesbaden: Springer Fachmedien..
  14. Böhm, F. (2021): Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe.. Tübingen: Stauffenburg.
  15. Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
  16. O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.