Benutzer: Julia Schaberich/Werkstatt
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Das Verhältnis von Mensch und Eisbär in der dokumentarischen Filmdarstellung
Belege
Die Darstellung der gegenseitigen Bedrohung von Eisbär und Mensch im Dokumentarfilm
Im Zentrum dieses Artikels steht die Darstellung der gegenseitigen Bedrohung von Eisbär und Mensch im Dokumentarfilm. Hierzu werden exemplarisch Szenen aus den Dokumentarfilmen "Der Eisbär in Not"[1] und "Der Eisbär" [2] analysiert und daran herausgearbeitet, inwiefern der Eisbär als Bedrohung für den Menschen und der Mensch als Bedrohung für den Eisbären dargestellt wird.
Dieser Artikel ist Teil einer Artikelsammlung.
Methodisches Vorgehen
Zur Vorbereitung der Analysen wurden die Dokumentarfilme "Der Eisbär in Not"[3] und "Der Eisbär" [4] mehrmals vollständig gesehen und auf mögliche Analyseaspekte hin untersucht. Im Anschluss wurden prägnanten Sequenzen, bezogen auf den ausgewählten Analysegegenstand, selektiert und herausgesucht, sodass eine Transkription der Sequenzen durchgeführt werden konnte. In dieser wurden Time-Code, Still, Beschreibung des Bildes, Text im Bild, Sprechtext, Musik, Geräusche, visuelle Auffälligkeiten und Analysekommentare berücksichtigt.
Die Analyse beschäftigt sich anschließend mit den unterschiedlichen Sequenzen, welche in der Sequenzanalyse transkribiert wurden (vgl. Sequenzanalyse). Auf Grundlage dieser Erkenntnisse, ist die Analyse unter den Aspekten der Leitfrage vorgenommen worden. Hierzu werden zunächst die Time-Codes der Szenen genannt, um im Anschluss eine Analyse der visuellen und akustischen Aspekte vorzunehmen.
Eisbär in Not? (2014) - Die Bedrohung des Menschen durch den Eisbären
Wird der Dokumentarfilm „Der Eisbär in Not“[5] betrachtet, so wird deutlich, dass in bestimmten Sequenzen eine Darstellung des Mensch-Tier-Verhältnisses erfolgt und diese die Bedrohung des Menschen durch den Eisbären in den Mittelpunkt stellen. Um dies zu verdeutlichen, wird zum einen die Szene 07:55-08:05 verwendet. Diese beschreibt die Methoden, welche die Einwohner und Einwohnerinnern nutzen, um sich und die Hunde vor den Bären zu schützen. Des Weiteren wird darauf aufbauen die Erfahrung eines Inuit mit einbezogen, welche in der Szene 08:06-08:52 seine Erlebnisse ausführlich schildert. Hier werden seine Existenzgrundlage und seine Befürchtungen erläutert. Die Sicht der Inuit wird auch in der Sequenz 11:56-12:08 beschrieben, da hier der zuvor vorgestellte Inuit auf die Eisbärenjagd geht. Der Eisbär als Bedrohung des Menschen soll auch im Zusammenhang mit der Forschung erläutert werden, was in Minute 38:00 bis 38:58 umgesetzt wird. Zuletzt wird die Sequenz 46:37-47:35 im Hinblick auf die Leitthese analysiert, in welcher das Eindringen des Eisbären in die Dörfer der Einwohner und Einwohnerinnern veranschaulicht wird.
Analyse der Sequenzen 07:55 – 08:05 sowie 08:06 – 08:52
Der Eisbär ist als Symbol der Gefahr nicht in jeder Sequenz zu sehen, obwohl er als Bedrohung im Fokus steht. So wird in der ersten Szene der Eisbär an sich nicht visuell gezeigt. Zu sehen ist ein Elektrozaun (07:55 – 08:05). Bei der alleinigen Betrachtung des Bildes, wirkt der Zaun zunächst unscheinbar. Durch die Darstellung des weißen Zaunes auf weißem Hintergrund, in welchem die angeketteten Huskies des Inuit schemenhaft zu erkennen sind, wird eine harmlose Atmosphäre erzeugt (vgl. Sequenzanalyse). Der Mode [6] Musik erzeugt jedoch den Eindruck einer andauernden Bedrohung, da sie unruhig und treibend wirkt. Ergänzt wird dieser Eindruck durch die Beschreibungen aus dem Off, welche den Sinn des Zaunes, den Schutz vor der anhaltenden Bedrohung durch die Eisbären, verdeutlichen. Die Verbindung von Bild und Ton lässt die Rezipienten und Rezipientinnen die Eisbären als Bedrohung der Menschen wahrnehmen, was besonders durch die Geräusche, sowie die Musik verursacht wird.
Bereits in der nachfolgenden Szene wird die Legitimation des Zaunes erneut aufgegriffen (08:06-08:52), indem ein Inuit beim Füttern seiner Hunde gezeigt wird. Er hackt rohes gefrorenes Robbenfleisch mit einer Axt. Zur gleichen Zeit erläutert er, dass sich immer mehr Eisbären in den Ort verirren und wiederholt seine Hunde angreifen. Unter ausschließlichem Einbezug der visuellen Aspekte, wirken die Handlungen des Inuit kalt, brutal und gewalttätig. Besonders die Verwendung der Axt im Zusammenhang mit der roten Farbe des Fleisches bewirkt, dass bei Zuschauern der Inuit als Bedrohung wahrgenommen wird. Erst durch die sprachliche Berichterstattung des Inuit, wird die Aufmerksamkeit von seiner Futterzubereitung auf die Angriffe der Eisbären gelenkt. So verbinden sich die kalten und brutalen Bilder, die vom Inuit ausgehen, mit den Angriffen der Bären, welche in diesem Fall nicht im Bild sind. Ergänzend kommen die Geräusche der Axt hinzu, welche die visuelle Darstellung der Gewalt unterstützen. Die Modes Bild und Ton, im Zusammenhang mit einer spannungsaufbauenden Musik, welche eine Bedrohung impliziert, stellen erneut die Eisbären als Bedrohung dar. Untermauert wird dieser Eindruck, da während der Erzählung des Inuit die Huskies anfangen Alarm zu schlagen, indem sie jaulen. Dies schafft eine unruhige bedrohliche Atmosphäre, ausgelöst durch akustische Reize. So werden auch hier die Eisbären in ihrer Abwesenheit als ständige Bedrohung des Menschen betrachtet. Doch erst durch die Kombination verschiedener Modes wird dies deutlich.
Beide Sequenzen sind durch die Abwesenheit der Eisbären verbunden. Dennoch werden sie als Bedrohung des Menschen dargestellt. Hierzu trägt vorrangig die Kombination aus Ton und Bild bei. Das Ausschließen des Tons und der Geräusche wirkt hingegen der Mensch als bedrohlich. Erst durch akustische Aspekte wird der Eisbär als Bedrohung dargestellt.
Analyse der Sequenz 11:56 – 12:08
In dieser Sequenz steht ein Jäger der Inuit im Fokus. Auf einem Stein sitzend, lädt er eine Schusswaffe, welche auf die Zuschauer bedrohlich wirkt. Sie sticht hervor und lässt sich als Symbol der Gewalt und Brutalität einordnen. Ergänzend werden kurze Bildsequenzen weglaufender Eisbären eingeblendet, während der Inuit seine Waffe lädt (11:56 – 12:08). Durch den Off-Sprecher wird klar, dass der Inuit sich auf Eisbärenjagd begibt. Die weglaufenden Eisbären, werden nur kurz eingeblendet, was Hektik erzeugt und das Gefühl von Angst vermittelt. Besonders emotionalisierend wirkt diese Sequenz, da es sich um eine Eisbärenmutter und ihr Junges handelt. Die Darstellung von Tierbabys lässt die Zuschauer und Zuschauerinnen Mitleid und Fürsorge empfinden. Durch die bildliche Darstellung wirken die Eisbären bedroht und gefährdet, da der Inuit als Jäger der Bären die Bedrohung darstellt. Das Präsentieren der Waffe wirkt brutal, gewalttätig und bedrohlich. Die Waffe kann als wiederkehrendes Symbol bezeichnet werden, welches sich wiederholt und in unterschiedlichen Sequenzen auftritt. So wird durch die visuelle Analyse der Sequenz der Mensch als Bedrohung des Eisbären wahrnehmen. Im Gegensatz dazu lässt die Stimme aus dem Off die visuelle Wahrnehmung verblassen (vgl. Sequenzanalyse). Hier wird auf das besondere Risiko hingewiesen, welches der Inuit mit seiner Handlung eingeht. Er wird durch das Verwenden des Sprichwortes „vom Jäger zum Gejagten werden“ als bedroht dargestellt. Die Bedrohung geht hier von den davonlaufenden Eisbären aus, was den Kontrast der Modes[7] Ton und Bild verdeutlicht. Unterstützt wird das Bild des gefährlichen Eisbären durch eine begleitende Musik, die ein Unbehagen in den Rezipienten und Rezipientinnen auslöst und bedrohlich wirkt. Das Bild des bedrohlichen Eisbären wird an dieser Stelle unterstützt.
Auch wenn der Mensch die Intention verfolgt, die Eisbären zu jagen, so wird doch der Eisbär als Bedrohung für den Menschen dargestellt. In dieser Szene steht erneut die Differenz zwischen Bild und Ton und die sich verändernde Bedeutung durch die Kombination beider Aspekte im Fokus.
Analyse der Sequenz 38:00 – 38:58
In dieser Sequenz untersucht ein Forscherteam das Eis, wobei durch ein Interview eines Wissenschaftlers die Ziele und Funktionen der Forschungsmission erläutert werden. Es wird zudem erklärt, warum eine Person des Teams als Wachposten abgestellt werden muss. Diese steht in einer weißen Umgebung mit einer Warnweste und sticht optisch deutlich aus der Natur heraus, obwohl sie weit entfernt mit einem großen Abstand zum Schiff positioniert ist. Die Kamera zoomt an diese Wache heran, sodass auf dem Boden neben der Person eine Waffe hervorsticht. Zudem besitzt die Person ein Fernglas und eine Schreckschusspistole. Erneut tritt die Waffe als Symbol der Bedrohung auf und weckt den Eindruck von Gefahr. Der Forscher auf dem Wachposten wirkt in der weißen Umgebung verloren und ist, ohne den Kontext des Off-Sprechers, scheinbar grundlos bewaffnet. Optisch wirkt diese Szene wie ein Eingriff des Menschen in die Natur. Durch die Warnweste sticht der Forscher hervor und wirkt fehl am Platz.
Erst durch den Einbezug des Forscherinterviews wird klar, dass von den Eisbären eine Bedrohung ausgeht (vgl. Sequenzanalyse). Die Rezipient*innen erfahren, dass der Forscher eine Eisbärenwache darstellt, welche auch sprachlich so betitelt wird. Sie dient dem "Schutz" der Menschen und stellt somit laut Forscher keine Bedrohung der Eisbären dar. Dies unterstreicht das Bild des bedrohlichen Eisbären und des gefährdeten Menschen. Die unruhige, fordernde und zugleich spannungsaufbauende Musik erweckt ein Gefühl der ständigen Bedrohung und lässt die Eisbärenwache in unmittelbarer Gefahr schweben. Dieser strake Mode führt unweigerlich zu einem Unbehagen im Zuschauer oder der Zuschauerin. Werden Bild und Ton aufeinander bezogen, so wird deutlich, dass das Bild alleine den Eisbären nicht als bedrohlich darstellt. Es wird rein optisch der Mensch beim Eindringen in die Natur beobachtet. Erst durch den Einbezug des Tons wird ein Gefühl der Gefährdung des Menschen erzeugt und der Eisbär unter diesem Aspekt als bedrohlich betitelt.
An dieser Stelle wird durch die Kombination aus Musik, Sprechertext und Bild der Eisbär als Bedrohung des Menschen in den Fokus stellt, ohne dass er zu sehen ist.
Analyse der Sequenz 46:37 – 47:35
Diese Szene, zeigt Eisbären, die in die Dörfer der Menschen eindringen. Sie laufen an den Häusern vorbei, zerstören Autos und begeben sich in die unmittelbare Nähe der Bewohner und Bewohnerinnen. Hierbei wird auf die Aufnahmen von Amateurvideo ebenso zurückgegriffen, wie auf die professionellen Aufnahmen des Filmteams. Der Eisbär dringt hier deutlich in die Lebenswelt des Menschen ein. Besonders der Kontrast der farbigen bunten Häuser zu dem weißen Fell des Eisbären, lässt ihn fehl am Platz wirken. Wird auch der Ton mit einbezogen, so wird dieser Eindruck des Eindringens verstärkt (vgl. Sequenzanalyse). Insbesondere der Off-Sprecher untermauert, dass der Eisbär eine Gefährdung des Menschen darstellt. Eisbären werden als „geschickte und allesfressende Raubtiere“ bezeichnet, welche auch „einen Menschen töten und fressen“ würden. Belegt werden diese Aussagen mit Ereignissen aus drei verschiedenen Jahren, welche in der Region Kanadas gelistet wurden und Angriffe von Eisbären auf Menschen belegen. Der Mode Musik welche als eine dramatische, traurige und tragische Filmmusik wahrgenommen wird, lässt den Menschen umso bedrohter wirken.
Diese Sequenz beinhaltet somit keinen Kontrast zwischen Bild und Ton. Hingegen unterstützt der Ton das Gezeigte und verstärkt den Effekt der Bedrohung des Menschen durch den Eisbären.
Fazit der Analyse "Eisbär in Not?" (2014)
Der Dokumentarfilm „Der Eisbär in Not“[8] stellt den Eisbären zusammenfassend als Bedrohung des Menschen dar. Die Bären greifen die Hunde der Inuit an, dringen in die Dörfer ein, plündern Müllhalden und selbst wenn sie gejagt werden, bedrohen sie die Jäger. Die visuellen Darstellungen alleine stellen den Bären hingegen selten als bedrohlich dar. Hingegen wird durch die alleinige Betrachtung sogar der Eisbär als bedroht dargestellt. Erst der Einbezug des Tons führt zu einer brutalen und gewalttätigen Darstellung des Eisbären, der den Menschen und seine Lebenswelt bedroht.
Der Eisbär (2012) - Das Eindringen des Menschen in die Lebenswelt der Eisbären
Im Gegensatz dazu soll der Eingriff des Menschen in die Lebenswelt des Eisbären anhand des Dokumentarfilmes „Der Eisbär"[9] analysiert werden (vgl. Sequenzanalyse). Um die gewählte Perspektive zu verdeutlichen, wurde eine prägnante Sequenz ausgesucht. Die Sequenz 42:35 bis 46:41 wurde ich unterschiedliche thematische Abschnitte untergliedert. Besonders deutlich wird in der ausgewählten Sequenz, auf welcher Art und Weise der Mensch sich in die Lebenswelt des Eisbären begibt und den Bären beeinflusst.
Analyse der Sequenz 42:35 - 42:42
Zu Beginn der gewählten Sequenz wird der Eisbär auf seiner Route gezeigt, die er Jahr für Jahr absolviert (42:35-42:42). Es liegt wenig Schnee, sodass der weiße Bär nicht ganz in der Natur verschwindet. Besonders der Sprechertext aus dem Off stellt die gezeigten Bilder dramatisch dar. „Er hat nach Futter gesucht, nach Zuflucht, nach Gesellschaft – vergeblich“. Anhand dieses Textes wird Mitleid für den Bären erregt, was auf eine Emotionalisierung der Situation hindeutet[10]. Im Kontrast zu diesem Kommentar, der auf den menschengemachten Klimawandel hindeutet, steht die Musik. Leise Trommeln begleiten das Gezeigte und Gehörte auf eine hinnehmende Art, welche nicht negativ wahrgenommen wird. So steht in dieser Szene besonders die Musik im Kontrast zum Gesagten. Werden ausschließlich die Bilder betrachtet, so wird die Notlage des Eisbären nicht sofort sichtbar. Auffällig ist der fehlende Schnee. Erst durch den Sprechertext wird die Lage des Bären deutlich, welche als aussichtslos dargestellt wird.
Analyse der Sequenz 42:43 - 43:06
Die Konfrontation von Mensch und Eisbär wird in der sich anschließenden Sequenz (42:43-43:06) eingeleitet. Aus einer Totalen [11] wird der Eisbär in einer Eislandschaft gezeigt, wobei im Hintergrund am Himmel ein Flugzeug auf den Bären zugeflogen kommt. Auffällig ist hierbei das Licht des Flugzeuges, welches unnatürlich in der Umgebung wirkt und heraussticht. Im Laufe der Sequenz wird das Flugzeug in einer Halbnahen gezeigt, im Wechsel mit einer Halbnahen des Bären[12]. Das Flugzeug fliegt nah über die Erde und wirkt in Bezug auf den Bären bedrohlich. Dieser flieht vor dem Flugzeug und läuft entlang der Handlungsachse mit dem Rücken zur Kamera davon. Die Stimme aus dem Off kommentiert, dass nun die Jahreszeit die größte Belästigung mit sich bringt. Durch eine Leerstelle wird offengelassen, was die Belästigung ausmacht. Erst in der darauffolgenden Szene wird deutlich, dass die Touristen die Belästigung verkörpern. Die Musik begleitet diese Bilder zurückhaltend. Die Geräuschkulisse wird primär durch die immer lauter werdenden Motoren des Flugzeuges bestimmt, die selbst das Brüllen des Bären übertönen. Hier kann ein Eingreifen des Menschen in die Lebenswelt des Bären beobachtet werden, welches durch den Mode des Flugzeuges verkörpert wird.
Die Sequenz verdeutlicht, wie der Mensch den Bären stört. Wird nun die gleichgültig wirkende Musik mit einbezogen, so wirkt sie fehl am Platz und mindert das Eindringen des Menschen in die Natur. Durch die Musik wird das Weglaufen des Bären verharmlost.
Analyse der Sequenz 43:07 - 43:35
Besonders prägnant wird das Eindringen des Menschen in der dritten Sequenz (43:07-43:35) deutlich. Der Bär läuft zunächst, begleitet durch die Kamerafahrt[13] parallel zur Handlungsachse. Besonders im Fokus steht hierbei der Hintergrund. Zu Beginn zeigt er reine Natur. Je weiter der Bär aber läuft, desto mehr wird das Eingreifen des Menschen in seine Lebenswelt deutlich. Zunächst stehen zwei Männer mit Gewehren im Hintergrund, die mit ihren roten Jacken hervorstechen. Läuft der Bär weiter, so steht eine Gruppe Touristen im Hintergrund. Sie fotografieren den Bären aus nächster Nähe. Auch zwischen den Touristen stehen Männer mit Waffen, um den Bären im Notfall abzuwehren. Werden ausschließlich die Darstellungen der Bilder betrachtet, so kann es eine zufällige Begegnung zwischen Mensch und Eisbär sein. Erst die Stimme aus dem Off lässt diese Begegnung geplant wirken. „Der Weg, dem er folgt, ist seit tausenden von Jahren im Instinkt der Bären verankert. Lange bevor Touristen mit Kameras kamen und der Sommer so verdammt lang wurde“ (vgl. Sequenzanalyse). In dieser Szene sticht besonders die Musik hervor. Laute Glocken, helle fröhliche Töne und eine positiv stimmende Musik lassen die Ernsthaftigkeit der Lage verschwinden. Ein besonderer Kontrast wird zu dem Gesprochenen Wort deutlich. Der „verdammt lange Sommer“ welcher für den Bären eine Umstellungen seiner Gewohnheiten mit sich bringt, wirkt durch die Wortwahl wie eine Qual auf die Rezipienten und Rezipientinnen. Gegen Ende dieser Sequenz wird die Musik spannungsaufbauend. Der Bär erscheint zunehmend als eine Bedrohung für die Touristen.
Dieser Widerspruch zwischen der Musik und dem Gesagten wird umso deutlicher. Die Touristen stehen auf der Route des Bären, welche seit vielen Jahren im Instinkt der Bären verankert ist, dennoch würden sie den Bären erschießen, wenn er sie angreift. Ohne Ton vermittelt diese Szene eine Begegnung von Mensch und Eisbär, wohingegen mit Ton ein Eindringen des Menschen in den Lebensraum des Bären deutlich wird. Relativiert werden diese Eindrücke durch die gleichgültige und im Anschluss spannungsaufbauende Musik. Besonders auffällig ist hier das Auftreten des Rythm, wobei sich Ton und Bild auf eine spezielle Art und Weise aufeinander abstimmen[14]. Passend zu den Bildern wird der Ton ergänzt und so Informationen nach und nach dem Rezipienten oder der Rezipientin mitgeteilt.
Analyse der Sequenz 43:35 - 44:10
Das Eindringen des Menschen in die Lebenswelt des Bären wird in der anschließenden Szene noch deutlicher (43:35-44:10). So wurde auf der Route des Bären ein Haus errichtet, der Menschenzoo, in welchem Menschen Eisbären beobachten können, ohne in Gefahr zu geraten. Der Bär läuft an diesem Zoo vorbei und begutachtet die Menschen. Währeddessen weist der Off-Sprecher erneut auf die Lukrativität des Eisbärengeschäftes hin. Vor allem, da die Touristensaison länger dauert, als in den Jahren zuvor. Dies kann ein Hinweis auf den menschengemachten Klimawandel sein. Die Bären sitzen aufgrund des längeren Sommers zusätzlich einen Monat dort fest. Die Wortwahl „feststecken“ (vgl. Sequenzanalyse) weist auf die Unausweichlichkeit der Situation hin, welche von den Touristen ausgenutzt wird. Implizit wird hier auf den Klimawandel hingewiesen, welcher jedoch nicht explizit genannt wird. Unterstützt wird die Beschreibung, dass der Bär neugierig ist und den Menschenzoo „besucht“, durch fröhliche Musik. Dass der Bär aufgrund des Klimawandels nicht über das Eis kann, wird somit relativiert.
Analyse der Sequenz 44:11 - 44:27
Der Bär setzt seinen Weg fort und läuft durch ein von Menschen besiedeltes Gebiet (44:11-44:27). Wird ausschließlich das Bild betrachtet, so wirkt der Bär friedlich und einsam. Erst durch die Off-Kommentare wird eine Bedrohung des Menschen durch den Bären erzeugt. Der Sprecher aus dem Off kommentiert eine Begegnung des Bären und des Menschen als „hässlich“. Was einen Angriff des Bären auf den Menschen andeutet oder einen Kampf zwischen beiden beschreibt. Begleitet wird dies durch deine spannungsaufbauende Musik und das Heulen von Hunden. Diese Szene weist somit erneut Aspekte eines Mensch-Tier-Verhältnisses auf, welches auf einer Überlegenheit des Menschen beruht und sich durch eine Einmischung des Menschen in den Lebensraum des Eisbären bezieht.
Fazit der Analyse "Der Eisbär" (2012)
Diese Dokumentation veranschaulicht das Eindringen des Menschen in den Lebensraum des Eisbären. Besonders wird durch die Sprache und die Ausdrucksweise die Situation der Eisbären verdeutlicht. Es wird dargelegt, dass der Eisbär in seiner Lebenswelt beeinflusst wird, indem seine Routinen gestört werden. Hierbei steht besonders die Musik im Kontrast zu dem Gezeigten und Gesagten. Diese wirkt im Gegensatz zu der ernsten Situation des Bären fröhlich und aufmunternd. Auf diese Weise wird das Eindringen des Menschen in die Lebenswelt des Eisbären mit seinen Konsequenzen verharmlost. Die Folgen des Klimawandels werden angedeutet und die Dokumentation lässt einen Interpretationsspielraum in Bezug auf die einzelnen Auswirkungen, indem keine konkreten Aussagen getroffen werden. Zuletzt wird der Eisbär erneut als Bedrohung des Menschen dargestellt, indem er in besiedelte Regionen eindringt und Mensch und Tier bedroht (Vgl. Sequenzanalyse). Auch wenn sich der Mensch auf die Route des Eisbären stellt, wird er als in Gefahr schwebend dargestellt.
Analyseergebnisse
Beide Dokumentationen im Vergleich, lässt sich sagen, dass der Mensch als überlegen und vom Eisbären bedroht dargestellt wird. Wird in der ersten Dokumentation eine Differenz zwischen Bild und Gesagtem deutlich, so wird in der zweiten Dokumentation ein Kontrast zwischen der Musik, dem Gesagten und dem Gezeigten hervorgehoben. Besonders das Verschweigen des Klimawandels lässt sich in beiden Filmen wiederfinden. Der letzte Film lässt viele Leerstellen und bezieht das Verharren des Eisbären auf einen langen Sommer, nennt jedoch nicht namentlich den Klimawandel. Beide Dokumentationen stellen das Mensch-Eisbär-Verhältnis auf unterschiedliche Weise dar. Während „ Eisbär in Not“[15] sich in der Darstellung auf die Bedrohung des Menschen fokussiert, wird in „Der Eisbär“[16] der Eingriff des Menschen in die Lebenswelt des Eisbären thematisiert. Beide Darstellungen erfolgen auf unterschiedliche Weise und setzen unterschiedliche Kontraste.
Belege
- ↑ Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
- ↑ O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.
- ↑ Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
- ↑ O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.
- ↑ Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
- ↑ Böhm, F. (2021): Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe.. Tübingen: Stauffenburg.
- ↑ Böhm, F. (2021): Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe.. Tübingen: Stauffenburg.
- ↑ Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
- ↑ O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.
- ↑ Gerlach, N. (2009): Der Tierfilm zwischen Repräsentation und Simulation.. Marburg: Schüren Verlag.
- ↑ Faulstich, W. (2013): Grundkurs Filmanalyse.. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag.
- ↑ Faulstich, W. (2013): Grundkurs Filmanalyse.. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag.
- ↑ Kreutzer, O., Lauritz, S., Mehlinger, M., Moormann, P. (2014): Filmanalyse.. Wiesbaden: Springer Fachmedien..
- ↑ Böhm, F. (2021): Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe.. Tübingen: Stauffenburg.
- ↑ Dammertz, T., Gerisch, C., Kindler, A. (2014): Der Eisbär in Not?. Manitoba: Spiegel TV.
- ↑ O'Brien, T. & Robertson, S. (2012): Der Eisbär. 42:35–46:41.