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In diesem Abschnitt erfolgt eine Konzentration auf die Theologie der Befreiung im engeren Sinne ab dem Ende der 1960er Jahre<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Für eine kurze Chronologie dieser Perspektive sei auch auf Kern, Bruno |Titel=Theologie der Befreiung |Ort=Tübingen/Basel |Verlag=A. Francke Verlag |Jahr=2013 |Seite=130-137 verwiesen}}</ref> . Angemerkt sei daher, dass historische Wurzeln dieser Theologie bereits „in der prophetischen Tradition von Glaubensboten und Missionaren [liegen], die von Beginn der Kolonialisierung an die Art, wie die Kirche auf dem Kontinent [Lateinamerikas] präsent war, und die Weise, wie man die Ureinwohner[*innen], die Schwarzen, die Mestizen und die armen Bevölkerungsschichten in der Stadt und auf dem Land behandelte, in Frage gestellt haben.“<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Boff, Leonardo und Clodovis |Titel=Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage |Ort=Düsseldorf |Verlag=Patmos Verlag |Jahr=1988 [por. 1986] |Seite=81}}</ref> | In diesem Abschnitt erfolgt eine Konzentration auf die Theologie der Befreiung im engeren Sinne ab dem Ende der 1960er Jahre<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Für eine kurze Chronologie dieser Perspektive sei auch auf Kern, Bruno |Titel=Theologie der Befreiung |Ort=Tübingen/Basel |Verlag=A. Francke Verlag |Jahr=2013 |Seite=130-137 verwiesen}}</ref> . Angemerkt sei daher, dass historische Wurzeln dieser Theologie bereits „in der prophetischen Tradition von Glaubensboten und Missionaren [liegen], die von Beginn der Kolonialisierung an die Art, wie die Kirche auf dem Kontinent [Lateinamerikas] präsent war, und die Weise, wie man die Ureinwohner[*innen], die Schwarzen, die Mestizen und die armen Bevölkerungsschichten in der Stadt und auf dem Land behandelte, in Frage gestellt haben.“<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Boff, Leonardo und Clodovis |Titel=Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage |Ort=Düsseldorf |Verlag=Patmos Verlag |Jahr=1988 [por. 1986] |Seite=81}}</ref> | ||
− | Für die 1960er Jahre, auch die Zeit des II. Vatikanischen Konzils (1962–1965), wird von einer „politischen Wende“ in der Theologie gesprochen. In Europa entwickelte sich die „Neue Politische Theologie“ (in der katholischen Theologie v.a. mit dem Namen Johann Baptist Metz verbunden; in der ev. Theologie sind hier v.a. Jürgen Moltmann und Dorothee Sölle zu nennen) und in Lateinamerika begann sich die ''Theología de la Liberación'' (die Theologie der Befreiung) zu entwickeln. Ihr Namensgeber ist Gustavo Gutiérrez. Im Juli 1968 hielt er einen Vortrag in Chimbote, dem ein erster Entwurf der Theologie der Befreiung zugrunde lag. Kurz darauf, vom 24. August bis zum 6. September, fand in Medellín eine für die Befreiungstheologie wichtige Bischofsversammlung statt. 1969 veröffentlichte Gutiérrez seinen Vortrag von Chimbote und 1971 veröffentlichte er eine erweiterte und vertiefte Ausarbeitung dieser Theologie unter dem Titel Teología de la liberación<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Gutiérrez, Gustavo |Titel=Teología de la liberación. Perspectivas |Ort=Lima |Verlag=Ed. Universitariae (Centro de Estudios y Publicaciones 3) |Jahr=1971 }}</ref> , der ersten systematischen Abhandlung der Theologie der Befreiung und bis heute einem Grundlagenwerk dieser Theologie. „Das Buch von Gutiérrez war jedoch nur die Spitze eines Eisbergs: die Befreiungstheologie zeichnete sich bald als eine ganz neue Dimension der Theologie und als neue kirchliche Bewegung ab.“ | + | Für die 1960er Jahre, auch die Zeit des II. Vatikanischen Konzils (1962–1965), wird von einer „politischen Wende“ in der Theologie gesprochen. In Europa entwickelte sich die „Neue Politische Theologie“ (in der katholischen Theologie v.a. mit dem Namen Johann Baptist Metz verbunden; in der ev. Theologie sind hier v.a. Jürgen Moltmann und Dorothee Sölle zu nennen) und in Lateinamerika begann sich die ''Theología de la Liberación'' (die Theologie der Befreiung) zu entwickeln. Ihr Namensgeber ist Gustavo Gutiérrez. Im Juli 1968 hielt er einen Vortrag in Chimbote, dem ein erster Entwurf der Theologie der Befreiung zugrunde lag. Kurz darauf, vom 24. August bis zum 6. September, fand in Medellín eine für die Befreiungstheologie wichtige Bischofsversammlung statt. 1969 veröffentlichte Gutiérrez seinen Vortrag von Chimbote und 1971 veröffentlichte er eine erweiterte und vertiefte Ausarbeitung dieser Theologie unter dem Titel Teología de la liberación<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Gutiérrez, Gustavo |Titel=Teología de la liberación. Perspectivas |Ort=Lima |Verlag=Ed. Universitariae (Centro de Estudios y Publicaciones 3) |Jahr=1971 }}</ref>, der ersten systematischen Abhandlung der Theologie der Befreiung und bis heute einem Grundlagenwerk dieser Theologie. „Das Buch von Gutiérrez war jedoch nur die Spitze eines Eisbergs: die Befreiungstheologie zeichnete sich bald als eine ganz neue Dimension der Theologie und als neue kirchliche Bewegung ab.“ |
Version vom 24. März 2022, 15:21 Uhr
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Theologie der Befreiung
Die Theologie der Befreiung (Theología de la Liberación), im Deutschen oft auch als Befreiungstheologie bezeichnet, hat ihren Anfang im Lateinamerika Ende der 1960er Jahre. Ausgangspunkt dieser Theologie stellt das Mit-Leiden mit den Unterdrückten und Ausgebeuteten dieser Welt dar[1]: Zunächst waren dabei die wirtschaftlich ausgebeuteten Menschen Lateinamerikas im Blickwinkel dieser Theologie[2], zunehmend kamen jedoch auch andere Formen der Unterdrückung hinzu, wie bspw. die Perspektive auf die ausgebeutete Schöpfung – Leonardo Boff spricht diesbezüglich von einer „Ökotheologie der Befreiung“[3] – und auch feministische Theologie sowie black theology lassen sich als weitere ihrer Ausprägungen ansehen[4]. Die Theologie der Befreiung fragt, wie Christ*innen in einer Welt leben sollen, in der (strukturelle) Ungerechtigkeiten bestehen? Und sie beantwortet diese Frage, indem sie ausgehend von den biblischen Texten[5] einfordert, dass Christ*innen in einer Welt der Ungerechtigkeiten Partei ergreifen müssen für die Unterdrückten und Ausgebeuteten[6] – auf eine Formel gebracht wird diesbezüglich auch von der „vorrangigen Option wegen der Armen“[7] gesprochen.
Geschichte
In diesem Abschnitt erfolgt eine Konzentration auf die Theologie der Befreiung im engeren Sinne ab dem Ende der 1960er Jahre[8] . Angemerkt sei daher, dass historische Wurzeln dieser Theologie bereits „in der prophetischen Tradition von Glaubensboten und Missionaren [liegen], die von Beginn der Kolonialisierung an die Art, wie die Kirche auf dem Kontinent [Lateinamerikas] präsent war, und die Weise, wie man die Ureinwohner[*innen], die Schwarzen, die Mestizen und die armen Bevölkerungsschichten in der Stadt und auf dem Land behandelte, in Frage gestellt haben.“[9] Für die 1960er Jahre, auch die Zeit des II. Vatikanischen Konzils (1962–1965), wird von einer „politischen Wende“ in der Theologie gesprochen. In Europa entwickelte sich die „Neue Politische Theologie“ (in der katholischen Theologie v.a. mit dem Namen Johann Baptist Metz verbunden; in der ev. Theologie sind hier v.a. Jürgen Moltmann und Dorothee Sölle zu nennen) und in Lateinamerika begann sich die Theología de la Liberación (die Theologie der Befreiung) zu entwickeln. Ihr Namensgeber ist Gustavo Gutiérrez. Im Juli 1968 hielt er einen Vortrag in Chimbote, dem ein erster Entwurf der Theologie der Befreiung zugrunde lag. Kurz darauf, vom 24. August bis zum 6. September, fand in Medellín eine für die Befreiungstheologie wichtige Bischofsversammlung statt. 1969 veröffentlichte Gutiérrez seinen Vortrag von Chimbote und 1971 veröffentlichte er eine erweiterte und vertiefte Ausarbeitung dieser Theologie unter dem Titel Teología de la liberación[10], der ersten systematischen Abhandlung der Theologie der Befreiung und bis heute einem Grundlagenwerk dieser Theologie. „Das Buch von Gutiérrez war jedoch nur die Spitze eines Eisbergs: die Befreiungstheologie zeichnete sich bald als eine ganz neue Dimension der Theologie und als neue kirchliche Bewegung ab.“
- ↑ Vgl. Boff, Leonardo und Clodovis (1988 [por. 1986]): Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage. Düsseldorf: Patmos Verlag, S. 11f.
- ↑ Vgl. Boff, Leonardo (1996 [por. 1995]): Unser Haus, die Erde. Den Schrei der Unterdrückten hören (Übersetzung aus dem Portugiesischen und Bearbeitung für die deutsche Ausgabe: Horst Goldstein). Düsseldorf: Patmos Verlag, S. 173f. So verstanden Leonardo und Clodovis Boff die sozio-ökonomische Armut als „Grundausdruck von Unterdrückung“. Boff, Leonardo und Clodovis (1988 [por. 1986]): Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage. Düsseldorf: Patmos Verlag, S. 36.
- ↑ Vgl. Boff, Leonardo (2019 [por. 2018]): Traum von einer neuen Erde – Bilanz eines theologischen Lebens (Deutsche Übersetzung: Bruno Kern). Wien/Zürich: LIT-Verlag, S. 97-119. Vgl. zu dieser Entwicklung auch Kern, Bruno (2013): Theologie der Befreiung. Tübingen/Basel: A. Francke Verlag, S. 105-116.
- ↑ Vgl. Gibellini, Rosino (1995): Handbuch der Theologie im 20. Jahrhundert (Übertragung ins Deutsche von Peter-Felix Ruelius). Regensburg: Friedrich Pustet Verlag, S. 336 und 371. Vgl. auch Boff, Leonardo und Clodovis (1988 [por. 1986]): Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage. Düsseldorf: Patmos Verlag, S. 39-43.
- ↑ Leonardo und Clodovis Boff benennen folgende Bücher als bevorzugte biblische Bücher aus der Perspektive der Theologie der Befreiung: Exodus, die Propheten, die Evangelien, die Apostelgeschichte, die Apokalypse, die Weisheitsbücher, die Makkabäerbücher sowie die Bücher Esra und Nehemia. Vgl. Boff, Leonardo und Clodovis (1988 [por. 1986]): Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage. Düsseldorf: Patmos Verlag, S. 46f. Als konkrete Bibelstellen eignen sich bspw.: Jer 21,11–22,30; Mt 5,3-11; Mt 25,31-46; Lk 6,2-26; Lk 10,25-37.
- ↑ Vgl. u. a. Boff, Leonardo und Clodovis (1988 [por. 1986]): Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage. Düsseldorf: Patmos Verlag, S. 16.
- ↑ Meist liest man im Deutschen eher die Übersetzung „Option für die Armen“ – die Befreiungstheologin Julia Lis bevorzugt jedoch die Übersetzung „Option wegen der Armen“. Vgl. hierzu ihre Aussagen im Podcast (2015): „GF008 – Politik, Religion und die Option für die Armen“, TC: 13:55-16:12. In: gretchenfrage.net. Online, zuletzt abgerufen am 24.03.2022.
- ↑ Für eine kurze Chronologie dieser Perspektive sei auch auf Kern, Bruno (2013): Theologie der Befreiung. Tübingen/Basel: A. Francke Verlag, S. 130-137 verwiesen.
- ↑ Boff, Leonardo und Clodovis (1988 [por. 1986]): Wie treibt man Theologie der Befreiung? (Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Lauble), 3. Auflage. Düsseldorf: Patmos Verlag, S. 81.
- ↑ Gutiérrez, Gustavo (1971): Teología de la liberación. Perspectivas. Lima: Ed. Universitariae (Centro de Estudios y Publicaciones 3).