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Das ist der Grund, aus dem es uns noch relativ gut geht. Hier denken wir nicht zuerst an uns selbst, wir denken an die Gemeinschaft, an die Gegend.“ <ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=91}}</ref>
 
Das ist der Grund, aus dem es uns noch relativ gut geht. Hier denken wir nicht zuerst an uns selbst, wir denken an die Gemeinschaft, an die Gegend.“ <ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=91}}</ref>
Die größte Sorge der Bewohner*innen der Gegend ist die Angst vor dem Unbekannten. So fällt es ihnen schwer, Edith, die aus einem fremden Ort kommt, in die Gesellschaft zu integrieren. Selbst nachdem Edith mehrere Jahre in der Gegend wohnt, wird sie gemieden und gerade einmal toleriert. Ein ähnliches Schicksaal erlebt Meisis. Ihre feuerroten Haare sind den Mitgliedern suspekt, weswegen sie das Mädchen aus der Gegend verbannen wollen und sie zum Sündenbock für alle kommenden Katastrophen verantwortlich machen. „Es ist nur ein Kind“, sagte [Skalde], „wovor habt ihr Angst?“ „Es ist hier nicht erwünscht“, sagte die mit dem groben Gesicht. „Es wird euch nicht stören, ihr werdet es noch nicht einmal bemerken.“ „Darum geht es nicht. Es gehört nicht hierher. Allein schon diese Haare.“ Der Mann deutete auf Meisis, als zeige er auf ein Tier.“ <ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=76}}</ref> Skalde schließt einen Kompromiss mit den Bewohnern*innen; wenn Mesisi ihre Milchzähne verliert darf die Familie bleiben. Das Verlieren der Milchzähne ist somit ein Indiz, dass der Mensch aus der Gegend stammt; das sind die wahren und vertrauensvollen Menschen. Fehlt diese Fähigkeit wird der Mensch als Feind gesehen und bringt Unheil über die Gegend. Nur die wahren Menschen dürfen an dem gemeinsam organisierten Fest teilnehmen. Wird Wild im Wald erblickt, was eine Seltenheit ist, nachdem die Brücke gesprengt worden war, wird dieses gejagt. Pavillons, Bänke und Tische werden auf der Festwiese drapiert, und das gefangene Wild wird für alle gegrillt. Gemeinsam wird vom selbst gebrannten Quittenschnaps ge-trunken und freudig gefeiert<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=117}}</ref>.„Die Leute bezeichnen es als Glück, dass die Quittenbäume nicht unter der Hitze litten. Die Ernten waren immer so gut, dass die Quittenbäume nicht unter der Hitze litten [und es zur Herstellung von Schnaps reichte]. <ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=63}}</ref>
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Die größte Sorge der Bewohner*innen der Gegend ist die Angst vor dem Unbekannten. So fällt es ihnen schwer, Edith, die aus einem fremden Ort kommt, in die Gesellschaft zu integrieren. Selbst nachdem Edith mehrere Jahre in der Gegend wohnt, wird sie gemieden und gerade einmal toleriert. Ein ähnliches Schicksal erlebt Meisis. Ihre feuerroten Haare und ihr plötzliches Auftauchen in der Gegend, sind den Mitgliedern suspekt, weswegen sie das Mädchen aus der Gegend verbannen wollen. Zudem wird Meisis zum Sündenbock und wird für alle kommenden Katastrophen verantwortlich gemacht. „Es ist nur ein Kind“, sagte [Skalde], „wovor habt ihr Angst?“ „Es ist hier nicht erwünscht“, sagte die mit dem groben Gesicht. „Es wird euch nicht stören, ihr werdet es noch nicht einmal bemerken.“ „Darum geht es nicht. Es gehört nicht hierher. Allein schon diese Haare.“ Der Mann deutete auf Meisis, als zeige er auf ein Tier.“ <ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=76}}</ref> Skalde schließt einen Kompromiss mit den Bewohnern*innen; wenn Mesisi ihre Milchzähne verliert darf die Familie bleiben. Das Verlieren der Milchzähne ist somit ein Indiz, dass der Mensch aus der Gegend stammt; das sind die wahren und vertrauensvollen Menschen. Fehlt diese Fähigkeit wird der Mensch als Feind gesehen und bringt Unheil über die Gegend. Nur die wahren Menschen dürfen an dem gemeinsam organisierten Fest teilnehmen. Wird Wild im Wald erblickt, was eine Seltenheit ist, nachdem die Brücke gesprengt worden war, wird dieses gejagt. Pavillons, Bänke und Tische werden auf der Festwiese drapiert, und das gefangene Wild wird für alle gegrillt. Gemeinsam wird vom selbst gebrannten Quittenschnaps getrunken und freudig gefeiert<ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=117}}</ref>.„Die Leute bezeichnen es als Glück, dass die Quittenbäume nicht unter der Hitze litten. Die Ernten waren immer so gut, dass die Quittenbäume nicht unter der Hitze litten [und es zur Herstellung von Schnaps reichte]. <ref>{{Quellen-Literatur|Autor*in=Bukowski, Helene |Titel=Milchzähne |Ort=Berlin |Verlag=Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG |Jahr=2019 |Seite=63}}</ref>
  
 
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Version vom 19. Januar 2022, 17:21 Uhr

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Einleitung

Die Schriftstellerin Helene Bukowski stellt auf dem Erlanger Poetenfest 2019 ihren Roman "Milchzähne" vor.

Der Roman „Milchzähne“ von der deutschsprachigen Autorin Helene Bukowski wurde im Jahr 2019 verfasst und umfasst 222 Seiten. Es handelt sich hierbei um den Debütroman der Autorin. Verlegt wurde der Roman vom Aufbau-Verlag.[1]

Struktur und Handlung

Zusammenfassung der Handlung

Das Buch Milchzähne handelt von der Protagonistin Skalde und ihrer Mutter Edith und spielt in einer dystopischen, vermutlich nahen Zukunft. Skalde und Edith wohnen in einer von Angst geprägten Gemeinschaft [2] in einer sich von der Umwelt her immer weiter verändernden Gegend [3]. Eines Tages begegnet Skalde durch Zufall einem unbekannten rothaarigen Kind im Wald. Wohl wissend, dass ein Großteil der Gemeinschaft dies verurteilen wird, nimmt Skalde das Kind bei sich auf und kümmert sich um dieses, als wäre es ihr eigenes.[4] Es dauert jedoch nicht lange, bis die Gemeinschaft davon erfährt und Skalde konfrontiert [5] Nach einiger Zeit und kleineren Konflikten, eskaliert die Lage so weit, dass Skalde vor ein Ultimatum gestellt wird. Sollten dem Kind in den nächsten drei Monaten seine Milchzähne ausfallen, so würde es in der Gegend akzeptiert, da dies ein Zeichen sei, dass es von dort stamme. [6]. Sollte dies jedoch nicht geschehen, müssten Skalde, Edith und das Kind aus der Gegend verschwinden.[7]

Romanstruktur und Sprache

Dem Roman ist ein Zitat von Joan Didion vorangestellt „Don’t you think people are formed by the landscape they grow up in?“ [8]. Der Roman beginnt in Form eines von Skalde zurückgelassenen Berichtes, in welchem die im Buch folgenden Ereignisse geschildert werden[9]. Nur dieser erste Abschnitt ist im Präsenz geschrieben, während das restliche Buch im Präteritum geschrieben ist. Es wird sich im ganzen Roman des Ich-Erzählers als Erzählperspektive bedient. Zunächst schildert Skalde, deren Namen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennen, ihre Kindheit in einer zurückliegenden Zeit, als auch die Landschaft, in welcher sie aufgewachsen ist und wie sich diese sich mit der Zeit veränderte[10]. Danach gibt es einen ungewissen größeren Zeitsprung in eine nahe Vergangenheit, in welcher Skalde bereits erwachsen ist. Hier beginnt nun die restliche Erzählung, in welcher der eigentliche Handlungsstrang spielt. Lesen und Schreiben sind sehr wichtig für Skalde. Schon als Kind gewöhnte sie sich an, Dinge, die sie bewegen, etwa Schuldgefühle[11], auf kleinen Zetteln aufzuschreiben und diese überall im Haus zu verstecken. Diese kleinen Texte oder auch nur Sätze finden sich zwischen jedem Kapitel wieder.

Figurenbeziehung und Charakterisierung

Skalde

Skalde ist die Protagonisten des Romans Milchzähne. Sie lebt zusammen mit ihrer Mutter Edith in einem Haus mit einem Garten in der Gegend. Ihr Vater verstarb schon vor Beginn des Romans. Edith und Skalde haben keine typisierte Mutter-Tochter Beziehung. Dieses wird zum einen daran erkenntlich, dass Skalde ihre Mutter lediglich mit ihrem Vornamen anspricht. Skalde ist ein wissbegieriges Mädchen und hat die Fähigkeit schnell neue Kompetenzen zu erlernen. Edith bringt ihr das Lesen und das Schreiben bei. „Damals war ich für sie noch eine Verbündete. Nachmittag für Nachmittag saßen wir auf der fleckigen Matratze in ihrem Zimmer und stapelten Bücher um uns herum.“ [12]Neben dem gemeinsamen Lernen verbringen Skalde und Edith viel Zeit im eigenen Garten und pflanzen Gemüse an, züchten Kaninchen und stellen Dünger aus Unkraut her, den sie als Tauschware gegen andere Lebensmittel mit den Bewohnern*innen der Gegend einsetzen.

Skalde mit einem Tannenzapfen und einer Zigarette.

Im Verlauf der Handlung leben sich Skalde und Edith immer mehr auseinander. Skalde übernimmt sämtliche Aufgaben, die Edith wegen ihrer psychischen Erkrankung nicht mehr absolvieren kann. Schlussendlich führt die Protagonistin ein selbständiges Leben und hält sich nicht mehr an die Regeln ihrer Mutter. Skalde verliert stolz ihren ersten Milchzahn, was Edith bewusst ignoriert, weswegen die Protagonistin aus Trotz das erste Mal verbotenerweise das Haus und den Garten verlässt, um den dahinterliegenden Wald zu erforschen. Dieser wird für sie zu einem wichtigen Zufluchtsort. [13]In dem Wald trifft sie auf Meisis, integriert diese in ihre Familie und sorgt sich um sie.

Skalde ist eifersüchtig auf die Beziehung von Meisis und Edith, weil Edith ihr mehr mütterliche Fürsorge entgegenbringt als ihr. So borgt Edith Meisis Kleidung: „Selbst als ich für Edith noch eine Verbündete war, durfte ich nie ihre Kleidung anziehen. Stattdessen hat sie mir aus Laken und Bettzeug einfache Hosen und Oberteile genäht. Ich trug sie, bis sie auseinanderfielen. Wurden sie mir zu kurz, verlängerte Edith sie mit Stoffresten. Als die anderen Kinder mich sahen, lachten sie mich aus und riefen mich Vogelscheuche.“ [14]

Ein friedvolles und dauerhaftes Leben in der Gegend ist für die Familie nicht möglich, da sie zum einen von den Bewohner*innen nicht akzeptieren und ausgeschlossen werden, und zum anderen sich die klimatischen Bedingungen täglich erschreckend verändern. Edith, Meisis und Metta möchten deswegen zum Meer flüchten, jedoch ist Skalde von dieser Idee ziemlich abgetan und führt Konfliktgespräche mit Edith: „Und du verstehst nicht, warum ich der Gegend mehr vertraue als dir? Du hast von der Realität wirklich keine Ahnung, und deswegen werde ich mich auf keinen Fall auf so eine Schnapsidee von dir einlassen, von hier zu verschwinden. Ich weiß, du kannst es nicht nachvollziehen, aber die Gegend ist mein Zuhause.“ Im gleichen Gespräch wirft sie Edith vor, dass sie Schuld am Tod ihres Vaters habe [15] Skalde kommt mit den Konflikten innerhalb ihrer Familie und mit den Bewohner*innen nicht mehr zurecht. Um ihre Gefühle zu kompensieren, schlägt sie eines Tages auf dem Dachboden mit der Faust gegen die Wand, bis ihr die Haut aufplatze [16]. Um Abstand von Edith, Meisis und dem Haus zu gewinnen fährt Skalde mit dem Auto in der Gegend umher und raucht Zigaretten. „Das schnelle Fahren und das Zigarettenrauchen halfen mir dabei, meine Wut auf Edith im Zaun zu halten.“ [17] Nach dem Tod von Edith verändert sich Skaldes Ansichten und Verhaltensweisen „Die Tage, die folgten, erscheinen mir jetzt, rückblickend, seltsam verzerrt. Ich kann mich nicht daran erinnern, ob ich überhaupt schlief, nur einzelne Szenen stehen mir klar vor Augen, was zwischen ihnen passiert ist, hat sich aufgelöst.“ [18]Ihr fällt es schwer Traum von Realität zu unterscheiden. Sie überlässt Metta das Kommando und flüchtet schlussendlich mit den Beiden. Der Tod von Len und Gösta half ihr bei der Entscheidung, weil sie nun keinen Grund mehr hat, die Gegend als ihre Heimat anzusehen.

Edith

Edith ist Skaldes Mutter. Beide unterscheiden sich in ihren Ansichten grundsätzlich voneinander. Edith ist unordentlich und sieht keinen Sinn darin Bücher oder Kleidung zu sortieren. (Vergleich S10)

Edith mit ihrem silbernen Koffer, ihrem Perlenschmuck und ihrer Haarbürste.

Eine Gemeinsamkeit, die die beiden miteinander teilen, sind Bücher. Edith möchte Skalde die Welt mithilfe von diesen näherbringen, vor allem ihre Heimat, das Meer [19] .„Edith ist erst in die Gegend gekommen, nachdem die Betonbrücke gesprengt worden war. Am helllichten Tage stand sie plötzlich mitten auf der Straße im Nebel, die zum Fluss führte. Ihr rosafarbenes Seidenkleid war völlig durchnässt. Durch den Stoff schimmerte ein Badeanzug durch. Bei sich hatte sie einen silberfarbenen Rollkoffer. […] Ihr Koffer war gefüllt mit weiteren Kleidern und ihrem Schmuck aus Perlmutt. Außerdem fünf Lippenstifte in unterschiedlichen Rottönen und eine Bürste mit einem Griff aus Treibholz. [Die Bewohner*innen] sagten ihr, dass sie nicht in der Gegend bleiben dürfe, es gebe hier keinen Platz für sie.“ [20] Doch ihre Heimat existiert nicht mehr. Ihre wichtigsten Habseligkeiten bewacht sie wie einen Schatz, zu dem selbst Skalde keinen Zugang hat. Erfährt Edith eine depressive Verstimmung, befindet sie sich stundenlang in der Badewanne oder in ihrem Wandschrank, der Poster von dem Meer an der Innenseite befestigt hat. Skalde ist von ihrer Lebensweise nicht angetan und wirft ihr dieses vor. „Aber du hast kein Leben. Sieh dich doch mal an. Du hast seit Jahren das Grundstück nicht verlassen. Willst du einfach immer so weiter machen? Nennst du das ein Leben haben?“ [21] Diese harten Worte wecken Edith auf und sie beginnt wieder im Garten mitzuhelfen und bemüht sich sogar zu Meisis eine Beziehung aufzubauen. Edith verlässt wieder das Haus und bereitet die Flucht der Familie durch einen Fluss aus der Gegend vor. Sie bringt sie zuerst Skalde und später Meisis das Schwimmen im eigenen Pool im Garten bei [22]. Da Skalde von der Flucht aus der Gegend nicht begeistert ist, versucht Edith diese zu überzeugen. „Wir können hier verschwinden. Du, das Kind und ich“, sagte sie stattdessen. „Wovon sprichst du?“, fragte ich. „Hier ist es nicht mehr sicher.“ „Ich werde nicht von hier weggehen, genauso wenig wie das Kind.“ „Wusstest du, dass ich die andere Seite des Flusses nicht von dieser unterscheidet? fragte sie […]. „Mich interessiert die andere Seite nicht“, sagte ich.“ [23]Nachdem Ediths Doggen, die diese vor den Angriffen der Bewohner*innen geschützt haben, ermordet wurden, wird ihr Entschluss, die Gegend zu verlassen, verfestigt. Edith sagt zu Skalde: „Erinnerst du sich, wie ich dir gesagt habe, dass es hier nicht mehr sicher ist? […] Jetzt kannst du es nicht mehr abstreiten. Wenn die 2 Monate [Schonfrist] um sind, werden sie uns nicht anders behandeln als die Doggen. […] Wir sollten die Gegend verlassen, solange es noch möglich ist.“ [24]Sie schlachtet alle Kaninchen, da dieses die letzte Nahrungsquelle der Familie ist [25].Skalde beobachtet Ediths Verhaltensänderung. „Sie stand auch jeden Morgen noch vor uns auf. Wenn ich nach unten kam, lehnte sie bereits in der Küche an der Spüle. Sie hatte wieder damit begonnen regelmäßig zu essen, trug täglich ein anderes Kleid und schminkte sich. Nach dem Frühstück legte sie Lippenstift auf und puderte sich das Gesicht." […] Damals schien es mir so, als würde sie sich für etwas wappnen [26]. Die Vorbereitung auf die Flucht bedeutete gleichzeitig Ediths Lebensende. Als sie Proviant von für die Flucht von einem Bewohner stehlen wollte, wird Edith erschossen [27].

Len & Gösta

Len und Gösta sind Bewohnerinnen der Gegend. „Die Lachshühner, die in deren Garten wohnen, tragen nicht mehr die namensgebende Gefiederfarbe, sondern sind ebenfalls weiß.“ [28]. Len sitzt tagsüber neben einem Holunderstrauch in einem Plastikstuhl am Gartenzaun des Hauses. Sie erblindete während einer Sonnenfinsternis, da sie die Augen nicht von diesem Naturwunder wenden konnte [29]. Früher besuchte sie Skalde und Edith, doch wegen der Klimaerwärmung fällt ihr die Orientierung zunehmen schwerer, weswegen sie das Haus kaum verlässt. Eines Tages stürzt Len im Haus. „Sie hat sehr geschimpft auf das Wetter [, erzählt Gösta].

Len (links) mit Blindenbrille und Gösta (rechts) auf Gartenstühlen.

Je wärmer es wird, desto mehr verliert sie ihren Gleichgewichtssinn. Sie hat das Gefühl, die ganze Welt hat sich gegen sie verschworen. Für immer mehr Dinge, die sie früher ganz allein gemacht hat, braucht sie Hilfe. Das nagt natürlich an ihr.“ [30]. Gösta wohnt mit Len gemeinsam im Haus. Beide sehnen sich nach dem früheren Wetter und schauen sich gemeinsam mit Skalde alte Videoaufnahmen an, die die Gegend im Nebel, Regen und sogar Schnee zeigt[31]. Da das Alter von Len und Gösta schon fortgeschritten ist, unterstützt Skalde ihnen bei der Gartenarbeit. Len und Gösta helfen Skalde im Gegenzug, als die Bewohner*innen Meisis aus der Gegend vertreiben wollen, diese zu verteidigen. „Ich bürge für dieses Kind“, sagte Gösta.“ Nichts wird passieren.“ [32]Doch Gösta wurde von Len zu dieser Geste gezwungen. „Du kannst dich bei Len bedanken. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich [den Bewohnern*innen] das Kind einfach ausgeliefert.“ [33]Trotz dieser Meinungsverschiedenheit sorgen sich Len und Gösta um Skalde. Nach dem Tod von Edith, helfen sie Skalde diese zu beerdigen und umsorgen sie. Zum Ende des Romans entscheiden sich Len und Gösta für den Freitod mit dem giftigen Schöllkraut. Sie liegen eng beieinander auf ihren Liegen im Garten und wirkten friedlich[34]. Sie hinterließen Skalde eine Botschaft; eine Videokassette mit der Notiz: „DAS FORTGEHEN HAT NOCH NIE-MANDEM GELEGEN.“ [35]

Meisis & Metta

Die Geschwister Meisis und Metta flüchten ebenfalls von ihrer Heimat in die Gegend und schlussendlich zum Meer. Während ihrer Flucht begegnet zuerst Meisis Skalde im Wald, welche sie wie folgt beschreibt. „Als ich mich umdrehte, stand vor dem Eingang ein Kind. Wir schauten uns an. Es trug ein T-Shirt, das ihm bis zum Knie reichte. Die Füße steckten in zu großen Turnschuhen, schmutzverkrustet. Doch am auffälligsten waren die Haare. Rot, wie angezündet. Aus der Gegend hatte niemand eine solche Haarfarbe.“ [36]

Die Geschwister Meisis (links) und Metta(rechts) mit roten Haaren

Zu Beginn misstraut Meisis ihrer neuen Familie und hält die Einzelheiten ihrer Flucht vor Skalde und Edith geheim, doch im weiteren Verlauf der Handlung baut sie eine gute Beziehung zu ihnen auf. Meisis wird von Skalde großgezogen und umsorgt und erhält so ein eigenes Zimmer im Haus. An die neuen Umweltbedingungen der Gegend muss sich das Mädchen gewöhnen. Ihre Haut war die ersten Wochen gerötet und Meisis klagte nachts über Schmerzen [37].Meisis versteht nicht, warum sie von den Bewohnern*innen der Gegend ausgeschlossen wird. „„Wieso haben sie Angst vor mir?“ fragte sie. „Weil du nicht so bist wie sie“, antwortete [Skalde].“ [38]Selbst als Meisis allen Bewohner*innen der Gegend persönlich vorgestellt wurde, erfährt sie von ihnen keine Akzeptanz. Metta begegnet Sklade ebenfalls das erste Mal im Wald. „Es war ein Mädchen. Etwas jünger als ich. Sie trug einen Overall, der aussah, als wäre er aus Papier. Aber das Auffälligste waren ihre Haare. Sie waren rot wie die von Meisis.“ [39] Doch Metta fürchtete sich und lief davon. Kurz darauf wurde Metta von Levke und Wolf mit dem Auto angefahren. Sie erlitt eine Stirnwunde [40]. Metta ist gemeinsam mit Meisis in die Gegend geflüchtet, versteckt sich jedoch vor allen Bewohnern*innen bis zu dem Unfall im Wald. Sie besitzt, im Vergleich zu ihrer Schwester, die Fähigkeit ohne Hilfe in der Natur zu überleben. Nach Ediths Tod übernimmt Metta die Verantwortung für ihre neuen Familie und trifft mit Meisis eine wichtige Entscheidung: „Wir werden über den Fluss gehen […] Wir können nicht länger warten. […] Ich habe trainiert. Ich kann es schaffen. Auch mit Meisis zusammen. […] Wir können nicht hierbleiben. Wir müssen unser Glück versuchen.“ [41] Schließlich können die beiden Geschwister Skalde zur Flucht überreden.

Gemeinschaft der Gegend

Das Leben innerhalb der Gemeinschaft ist durch feste Regeln und den gegenseitigen Handel mit Lebensmitteln gesichert. Nur wenige Nahrungsgüter lassen sich wegen der Dürre anpflanzen und diese werden untereinander ausgetauscht. „Stell dir vor, wir alle würden einfach tun, worauf wir gerade Lust haben, ohne auch nur einmal nachzudenken, wie sich das auf die anderen auswirkt, welche Konsequenzen das nach sich zieht. Hier in der Gegend gehört es sich, dass man sich an den anderen orientiert, sich anpasst.

Die strukturell einheitliche Gemeinschaft der Gegend

Das ist der Grund, aus dem es uns noch relativ gut geht. Hier denken wir nicht zuerst an uns selbst, wir denken an die Gemeinschaft, an die Gegend.“ [42] Die größte Sorge der Bewohner*innen der Gegend ist die Angst vor dem Unbekannten. So fällt es ihnen schwer, Edith, die aus einem fremden Ort kommt, in die Gesellschaft zu integrieren. Selbst nachdem Edith mehrere Jahre in der Gegend wohnt, wird sie gemieden und gerade einmal toleriert. Ein ähnliches Schicksal erlebt Meisis. Ihre feuerroten Haare und ihr plötzliches Auftauchen in der Gegend, sind den Mitgliedern suspekt, weswegen sie das Mädchen aus der Gegend verbannen wollen. Zudem wird Meisis zum Sündenbock und wird für alle kommenden Katastrophen verantwortlich gemacht. „Es ist nur ein Kind“, sagte [Skalde], „wovor habt ihr Angst?“ „Es ist hier nicht erwünscht“, sagte die mit dem groben Gesicht. „Es wird euch nicht stören, ihr werdet es noch nicht einmal bemerken.“ „Darum geht es nicht. Es gehört nicht hierher. Allein schon diese Haare.“ Der Mann deutete auf Meisis, als zeige er auf ein Tier.“ [43] Skalde schließt einen Kompromiss mit den Bewohnern*innen; wenn Mesisi ihre Milchzähne verliert darf die Familie bleiben. Das Verlieren der Milchzähne ist somit ein Indiz, dass der Mensch aus der Gegend stammt; das sind die wahren und vertrauensvollen Menschen. Fehlt diese Fähigkeit wird der Mensch als Feind gesehen und bringt Unheil über die Gegend. Nur die wahren Menschen dürfen an dem gemeinsam organisierten Fest teilnehmen. Wird Wild im Wald erblickt, was eine Seltenheit ist, nachdem die Brücke gesprengt worden war, wird dieses gejagt. Pavillons, Bänke und Tische werden auf der Festwiese drapiert, und das gefangene Wild wird für alle gegrillt. Gemeinsam wird vom selbst gebrannten Quittenschnaps getrunken und freudig gefeiert[44].„Die Leute bezeichnen es als Glück, dass die Quittenbäume nicht unter der Hitze litten. Die Ernten waren immer so gut, dass die Quittenbäume nicht unter der Hitze litten [und es zur Herstellung von Schnaps reichte]. [45]

Belege

  1. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co KG.
  2. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 76 f..
  3. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 18 f..
  4. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 31 ff..
  5. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 70 ff..
  6. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 121.
  7. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 122 ff..
  8. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 6.
  9. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 7 f..
  10. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 9-29.
  11. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 19.
  12. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 9.
  13. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 16 ff..
  14. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG.
  15. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 171.
  16. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 178.
  17. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 183.
  18. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 212 f..
  19. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 11.
  20. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 79.
  21. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 83.
  22. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 143 ff..
  23. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 148.
  24. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 163.
  25. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 166 f..
  26. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 181.
  27. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 203 ff..
  28. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 55.
  29. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 55.
  30. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 171.
  31. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 57.
  32. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 77.
  33. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 77.
  34. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 216.
  35. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 217.
  36. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 30.
  37. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 40.
  38. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 78.
  39. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 189.
  40. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 193.
  41. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 214 f..
  42. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 91.
  43. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 76.
  44. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 117.
  45. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau-Verlag GmbH & Co.KG, S. 63.